Auch wenn die letzten Tage nicht einfach waren und man manchmal gar nicht weiß, wohin mit sich selbst. Hat das alles überhaupt noch einen Sinn? Wie soll es jetzt weitergehen? Wie konnte das nur passieren?
Die Rede ist natürlich davon, dass Bernd Begemann nicht adäquat in der Hamburger Schule Dokumentation des NDR erwähnt wurde. Kein Thema hält momentan Deutschland, ach was, Europa, mehr auf Trapp als der Skandal-Film der ARD. Aber es muss ja trotzdem irgendwie weitergehen.
Gut, dass es den Konzertveranstalter Popanz mit seinen schönen intimen Clubkonzerten im Ehrenfelder Bumann & SOHN gibt. Am heutigen Montag sind zwei amerikanische Indiebands im Haus. Die Main-Attraction CHASTITY BELT besteht aus den vier Musikerinnen Julia Shapiro, Lydia Lund, Annie Truscott und Gretchen Grimm. Aber erstmal eröffnet den Abend die Band MEAGRE MARTIN. Das Projekt um Sängerin und Songwriterin Sarah Martin ist inzwischen zum Trio angewachsen. Mit an Bord sind Federico ”Freddy” Corazzini und Max Hirtz-Wolf. Die Bandmitglieder stammen ursprünglich aus New York, San Sebastian und der Bay Area in Kalifornien. Zuhause ist man in Berlin und nach Anfängen im Mauerpark und auf Flohmarktbühnen ist man inzwischen sogar auf dem SXWX in Texas aufgetreten. Und was muss man sagen, auch wenn es vielleicht noch nicht für eine Hamburger Schule Band reicht: MEAGRE MARTIN wirken sehr gut aufeinander eingespielt. Das Songwriting ist nicht uninteressant. Definitiv keine Band die länger als Supporting-Act tingeln sollte. Das neun Songs umfassende Set vergeht wie im Flug. Das Highlight ist ihr Song „All My Thoughts“.
Dafür, dass Julia Shapiro – ihres Zeichens Leadsängerin und Gitarristin bei CHASITY BELT – es auf den Alben teilweise etwas übertreibt, mit ihrem gelangweilt klingen und etwas neben dem richtigen Ton zu singen, wirkt sie heute durchaus daran interessiert ein gutes Konzert abzuliefern. Also im Rahmen ihrer Möglichkeiten, die deutlich unter denen einer Hamburger Schule Band einzuordnen sind. Das muss aber eigentlich nicht nochmal betont werden. Aber die ganz coole Indierockerin ist sie eigentlich auch nicht. Bereits das erste Stück des Abends, vom neuen Album „Poppe Kaate Danze“, Verzeihung, von „Live Laugh Love“ behandelt auf sehr ernsthafte Weise die Lügen, mit denen wir ständig in unseren Leben konfrontiert werden. Und dass die Autorin des Songs dazu bereit wäre, für eine Veränderung zum Guten, auch auf einen gewissen Lebensstandard zu verzichten. Kann man jedenfalls so interpretieren. Aber vielleicht ist alles auch nur ein Witz. So könnte es jedenfalls sein, wenn man den Song „Laugh“ richtig versteht. Das nächste Lied „Drown“ hebt die Stimmung zumindest auf der Textebene auch nicht wirklich. Es wird sogar noch schlimmer. Alles könnte nur eine Illusion sein, der wir da aufsitzen. Die Sängerin sitzt am Ufer eines Flusses. All ihre Freunde werden vom warmen Wasser in den Fluss gelockt und dann von einem weißen Wal aufgefressen. Auch das ist wahrscheinlich nie passiert und nur metaphorisch gemeint. Aber so ist es bei Melville ja auch.
Zwischendurch werden innerhalb der Band auch mal die Instrumente getauscht. Das ist alles sehr sympathisch. Anfangs erwähnte ich ja bereits die Marotten der Julia Shapiro. Heute Abend hält sie sich damit ziemlich zurück, jedenfalls bis zum erfolgreichsten Lied der Band. „Different Now“ wurde sogar schon durch eine Adaption von Courtney Barnett geadelt. Heute jault sich Shapiro durch den Track. Leider wird es durch ihre Performance heute Abend immer unklarer, ob das wirklich nur ein Kokettieren mit Dilettantismus oder eher eine Beschränkung in den Möglichkeiten ist. Dass das Gejaule beim erfolgreichsten Stück am ausgiebigsten praktiziert wird, könnte immerhin für die Theorie des Praktizierens von Untertreibung sprechen. Die alte Punkrock-Schule. Immerhin bietet der Text ihres Hits etwas Hoffnung, neben all den eher desillusionierenden Aussagen der anderen Lieder. Insgesamt ein gutes und sehr kurzweiliges Konzert, jedenfalls für eine Band die nicht der Hamburger Schule angehört.