Plattenkritik absurd
Dass Musikjournalismus so tot wie ein 80-jähriger Russe ist, merkt man, wenn man sich immer noch Plattenkritiken auf den üblichen Portalen der Springermedien wie Musikexpress oder Rolling Stone anschaut. Dort wird random jeder Rotz in den Himmel hochgelobt. Erscheint dann mal eine wirklich gelungene Platte, wie das das siebte (!) Album der Brightoner Indie-Rockband PORRIDGE RADIO, wird die Veröffentlichung beim Musikexpress mit 3 von 5 Sternen abgestraft. Das bedeutet übersetzt eigentlich einen Totalausfall. Im dazugehörigen Text wird jedoch überhaupt nicht klar, was dem Auto nicht gepasst hat. Es ist eigentlich an der Zeit, den dort den Sack endlich zuzumachen. Die Letzten machen das Licht aus.
Ein Abend zwischen Wut, Euphorie und Katharsis
Unabhängig von bescheuerten Rezensionen ist es am Donnerstag aber so weit: Porridge Radio spielen im Gebäude 9 in Köln. Wer die Band um Sängerin Dana Margolin schon einmal live erlebt hat, weiß, dass es keine gewöhnliche Indie-Show wird. Hier wird laut geschrien und am Ende vielleicht auch ein bisschen geweint.
Die Band aus Brighton hat mit Alben wie Every Bad (2020) und dem aktuellen Clouds einen Sound geschaffen, der wie ein emotionaler Tsunami über das Publikum schwappt: rau, intensiv und doch in der Songwriting-Anlage wunderschön. Margolins eindringliche Stimme und die oft mantraartigen Wiederholungen ihrer Texte klingen wie ein Kampf mit sich selbst, bei dem sie bis bereit ist, bis zum Äußersten zu gehen. „Anybody“, „God of Everything Else“ oder „In a Dream I’m a Painting“ sind Beispiele dafür – Songs, die aus Frust und Schmerz etwas Euphorisches entstehen lassen. Für Nebenbei-Hörer oder als Hintergrund-Beschallung ist das eher nichts. Hier geht es ums Ganze. Wenn Margolin wieder und wieder eine Zeile ins Mikro brüllt, fühlt es sich nicht nach Monotonie an, sondern nach Überlebensstrategie. Da weigert sich jemand klein beizugeben. Live entfaltet das eine unglaubliche Wucht.
Hochgebucht
Also: Wer sich nach intensiver Musik sehnt, die nicht nur gehört, sondern durchlebt werden will, der sollte am Donnerstag im Gebäude 9 dabei sein. Das artheater war anscheinend schnell zu klein. Einlass ist um 19 Uhr.
Tickets gibt es hier.
Foto: Steve Gullick