Cocorosie sind eine besondere Band. Das wurde einem auch wieder bei ihrem ausverkauften Konzert im Berliner Admiralspalast bewusst. Mit der Eintrittskarte erwarb man gleichzeitig Zutritt zum Kinderwunderland, in dem es noch Feen, Einhörner und Zauberwesen gibt. Und mittendrin tanzten und musizierten Bianca und Sierra Cassady.
Großer Jubel bricht aus, als die Geschwister mit ihrer Band die Bühne betreten. Bunt sieht alles aus. Nicht nur die Roben der Protagonisten, sondern auch die überdimensional große Videoleinwand mit den kindlichen, lustigen, manchmal auch leicht verstörend wirkenden Videocollagen, die gekonnt die zauberhaften Töne von Cocorosie untermalen – Karoussels, Pferde mit lustigen Augen, Kinder, friedlich ruhende Tote, Wasser, Meer, Blumenwiesen, Clowns, bunte Gebilde – alles Eindrücke, die einen förmlich überfluten und zusammen mit der Musik wahre Endorphinüberdosen ausschütten lassen. Mit „R.I.P. Burnface“ geht sie los, die Fahrt ins Cocorosieland. Spieluhren, Flöten, Percussions, Sierras Operngesang kontrastiert von Biancas manchmal nörgelig klingender Stimme, eine lebende Beatbox – all das begleitet die berauschten Berliner innerhalb der nächsten beinahe zwei Stunden. Dabei gleicht das Konzert der Schwestern einem Gesamtkunstwerk. Wenig geredet wird zwischen den Liedern, nur nichts kaputt machen von der zauberhaften Atmosphäre. Gekonnt spielt Sierra dabei den ausgelassenen Part, hüpft, tanzt und dreht sich auf der Bühne oder zupft verträumt die Harfe, während Bianca dem stoischen, fast coolen Part gleicht und manchmal fast statuenhaft am rechten Bühnenrand steht. Erstaunt ist man von den hiphoplastigen Beats, die die zerbrechlich-zarten Songkonstruktionen unterstützen und so die Menge zum Tanzen verführt. So gerät „The Moon Asked The Crow“ noch druckvoller als auf Platte und trifft direkt in den Magen und ins Tanzbein, genau so wie das auf den ersten Hörer verträumt wirkende „Animals“. Zu den beatlastigen Songs passt dann natürlich hervorragend das Cover von Kevin Lyttles Song „Turn Me On“, das durch die Interpretation Cocorosies neue, wunderschöne Dimensionen erhält. Und auch das Beatbox-Solo reiht sich gekonnt ein ins Set. Mit großen Augen und offenen Ohren hört man begeistert, was der Beatboxer Tez seinem Mund für Töne entlocken mag. Da an diesem Abend das neue Album GREY OCEANS gefeiert wird, liegt der Fokus natürlich besonders stark auf diesen Liedern. Nächstes großes Highlight „Hopscotch“, in welchem Bianca und Sierra wie zwei kleine Kinder ein Hüpf- und Klatschspiel imitieren, dass dann stilistisch durchbrochen wird von dem fast düsteren, melancholischen Gesang Sierras. Aber auch Fans der alten Alben kommen voll und ganz auf ihre Kosten. So darf „K-Hole“ in keinem Fall fehlen und wird frenetisch beklatscht. Emotionaler Höhepunkt dann „By Your Side“ am Ende des Sets, das zusammen gesungen wird mit Shannon Funchess, der imposanten Sängerin des Supports Light Asylum, die zuvor schon die Menge zum Kochen brachten. Das Lied wirkt dabei wie eine warme bunte Decke und trifft mitten ins Herz. Beim Herausgehen in den Regen, geht man durch eine lächelnde Menge, die mit Sicherheit eine kleine Weile einen bunten Regenbogen und Schmetterlinge im Herzen und Cocorosie im Ohr trägt. Schöner kann es im Phantasiekinderland auch nicht sein. Danke Sierra und Bianca!