Ist BETON UND IBUPROFEN der verschlüsselte Ruf von Peter Licht nach dem Impfstoff? Hm…vielleicht eher ein Wachrüttler nicht im eigenen Saft unter zu gehen.
Peter Licht zeigt sich auf seinen Platten meist als wacher und kritischer Beobachter seiner Mitmenschen und der Gesamtsituation. Das er dabei vermutlich mehr Gedanken und Perspektiven in eine Platte packt als der durchschnittliche Pophörer im ersten Moment aufnehmen kann und diese nicht in Parolen, sondern eher in eine diskursive Form verpackt, macht den Zugang nicht einfach. Da bildet BETON UND IBUPROFEN keine Ausnahme. Glücklicherweise peppt er den Diskurs meist mit tollen, melancholischen bis tanzbaren Popsongs auf, die sich zwischen Indie- und Elektropop bewegen und den Diskurs umso süßer machen und die Motivation hoch halten sich mit den Platten zu beschäftigen.
So umarmen auch auf seinem neusten Werk Songs wie „Die Sprache der Enden“ oder „Die Sprache der Augen“ den Hörer auf Anhieb mit ihrer melancholischen Wärme, während andere Songs wie „Ibuprofen“ oder „e-scooter Deine Liebe“ mit ihrer Hooks die Platte im Hirn auf Dauerrotation bringen.
„Ich war eine Gesellschaft…“
Daneben steht dann aber ein Monolith von Stück wie „Lost lost World“, ein fast achtminütiger Monolog über die eigene Verlorenheit zwischen den anderen Menschen, den bestehenden Möglichkeiten und dem verlorenen Zuhause. Das Stück scheint die Essenz der gesamten Platte zu sein, tauchen darin Motive und Bilder aus den anderen Stücken auf. Insgesamt verspricht BETON UND IBUPROFEN keine sofortige Heilung, sondern scheint eher Wege aufzuzeigen wie mit der eigene Verlorenheit umzugehen ist. Schulmedizinische Ansätzen wie dies dadaesk noch im beatlesken Stück „Ibuprofen“ nahegelegt wird, scheint dabei weniger Vertrauen entgegen zu schlagen. Auch der Technik wird eher eine Absage erteilt wie das ebenfalls dadaeske Elektropopstück „e-scooter Deine Liebe“ oder „Die Technik wird uns retten“ nahe legen. Vielmehr scheint die einzige Lösung im Zusammenschluss mit anderen Menschen zu liegen, wie das aufgekratzte Stück „Freunde“ nahelegt oder das traurig-wohlige „Dämonen“. Letztendlich bietet die Platte kein Allheilmittel. Aber gerade in der gegenwärtige Situation, in der jeder einzelne vor sich hin werkelt, ist die Erkenntnis, dass man alleine besser keine Gesellschaft gründet, sondern diese besser mit anderen eingeht, ein wohliger Reminder, dass man mit seiner Sehnsucht nach anderen Menschen nicht falsch liegt.
VÖ: 05.03.2021, Tapete, https://www.peterlicht.de/
Tracklist: Wenn Du traurig bist/ Die Technik wird uns retten/ Ibuprofen/ Daemonen/ Freunde/ Die Sprache der Augen/ Verloren/ e-scooter deine Liebe/ Beton ist ein schweres Thema/ Lost Lost World/ Die Sprache der Enden
Ohr d’Oeuvre: Die Sprache der Enden / Die Technik wird uns retten / Ibuprofen
Gesamteindruck: 8 /10