Der popanz’sche bunte Postpunk-Abend im Bumann & SOHN ist angerichtet. Leider haben heute nicht so viele wie gewöhnlich, den Weg in Kölns beste kleine Konzert-Venue gefunden. Das ist schade. Denn mit CLEAR HISTORY und DIE WÄNDE spielen direkt zwei sehr sympathische Berliner Bands, zum Preis für ein Konzert im Ehrenfelder Club.
Bei CLEAR HISTORY sind zwei Dinge besonders bemerkenswert. Erstens lassen sich die drei Bandmitglieder:innen davon eindeutig die Laune nicht verderben, dass wie bereits erwähnt, heute nicht so viele Zuschauer gekommen sind – und punkten mit guter Laune und sorgen damit für gute Stimmung. Zweitens beeindruckt das druckvolle Schlagzeugspiel von Carrie McILwain. Wenn DIE HEITERKEIT irgendwann doch einmal eine / einen richtig gute:n Schlagzeuger:in einstellen will, weiß sie jetzt wo sie ihr Angebot hinsenden muss.
Beim ersten Stück der Main Attraction – quasi einem desillusionierten Update eines kapitalismuskritischen Titels von WIR SIND HELDEN – ist es vor der Bühne noch leerer geworden. Aber das ändert sich nach einiger Zeit glücklicherweise wieder. Gegen Ende des Sets ist die Show sogar ganz gut besucht. Bei DIE WÄNDE sind sogar drei Dinge besonders bemerkenswert. Erstens: Ihre aktuelle Platte ist sehr gut gemastert. Da muss man die Glitterhouse Produktionen wirklich loben. Man kann sich ja mal die letzte (großartige) Platte von FRIENDS OF GAS neben der aktuellen Platte von DIE WÄNDE über Kopfhörer anhören. Da fällt der Sound der Platte von der Münchner Band – trotz Produktion in Weilheims Alien Research Studio – doch gegenüber der Glitterhouse Veröffentlichung deutlich ab. Okay, Postpunk-Platten via Kophörer auf eine gute Produktion abzuklopfen, ist wahrscheinlich für manche eher eine bemitleidenswerte Angelegenheit. Zweitens: DIE WÄNDE schaffen es tatsächlich rein musikalisch sehr zu überzeugen. Da haben die drei Musiker anscheinend echt viel geübt. Leider keine Selbstverständlichkeit im Postpunk-Showgeschäft.
Ohne auf die Textebene eingehen zu wollen (Noel Gallagher: „I couldn’t give a flying fuck what any of them are singing about at all. It means nothing to me. They’re just words that you sing to serve the melody that makes you feel good. That’s it. I couldn’t care less.“), vermeiden DIE WÄNDE jegliche Klischees in ihren Kompositionen. Jedesmal wenn man denkt, man wüsste in welche Richtung das Stück geht, folgt eine Harmonie, die man nicht erwartet hätte. Das unterscheidet sie auf jeden Fall von einem Großteil zeitgenössicher Musik. Kurz muss ich an die leider etwas vergessene Band KANTE denken. Drittens: Auch wenn selbstredend die Produktionsumstände der heutigen Show formal wie immer scheisse sind, also dem üblichen „kleiner Club Standard“ entsprechen (bei Betätigung der Bassgitarre vibriert hörbar das Schlagzeug, Gesangsmikro klingt so aufregend wie die Durchsage einer Schul-Lautsprecheranlage), schafft es die Band mühelos den Druck zu erhöhen (wenn es angebracht ist), Spannung auzubauen, ergo handwerklich wirklich zu überzeugen. Die Instrumentalteile ihrer Stücke fallen das ganze Konzert über sehr sehr fesselnd aus. Sehr gerne würde ich die Band in einer größeren Venue, mit einer aufwendigeren Produktion sehen. Lieblingsplatte-Festival, bitte übernehmen!
DIE WÄNDE haben nach ihrem heutigen Konzert auf jeden Fall – neben FRIENDS OF GAS, DIE NERVEN, PISSE und HUMAN ABFALL – einen vorderen Platz in meinen persönlichen Top 5, der besten deutschen Postpunk Bands.