Über die Gruppe TOCOTRONIC aus Hamburg haben wir gestern auf Facebook gelesen (aus unbestätigter Quelle), dass Frèdèrík Schwîldēn in der Glitzerpaillettenhose beim Tocotronic-Konzert gesehen wurde, wie er am Boden liegend und um sich schlagend das Rumpelstilzchen machte, weil die Band nicht „Ein Kompliment“ spielen wollte. Das finden wir in der Heftigkeit des Protests durchaus etwas fragwürdig, haben aber ein gewisses Verständnis, halten wir das Lied doch auch für elementar. Erstmal sind wir aber sehr froh, denn dass Tränen-Comeback mit neuer Lunge begeistert die Fans. Aber wie sind eigentlich die neuen Lieder von TOCOTRONIC?
„Nie wieder Krieg“ ist ein eher untypisches Lied für ein erstes Lied auf einer Langspielplatte. Die SCORPIONS hätten es sicherlich nicht als erstes Lied genommen. Sondern vielleicht an vierter Stelle. Aber man darf sich nicht täuschen lassen. Das Lied erinnert trotz der edlen Produktion von Moses Schneider eher an triste Titel wie „Das Geschenk“. Beim Konzert gestern, lies Dirk höchstpersönlich sich nicht lange bitten und brachte am Sonntagnachmittag neue Lieder und alt-bekannte Hits auf der NDR Schlager Bühne zu Gehör. „Komm mit in meine freie Welt“ hat dann endlich mal wieder angemessen brutale Gitarren mit an Bord und bringt die Hörer:in schon mal auf die richtige Betriebstemperatur, bevor „Jugend ohne Gott gegen Faschismus“ alle Sicherungen rausspringen lässt. Für das Konzert in Köln wurden erst die rheinischen Spaßmusikanten Höhner als Supporting-Act bekanntgegeben. Da die Reaktionen darauf ausfielen, haben wir auf beiden Seiten zusammen gesucht. Und, siehe da: Abscheu und Vorfreude halten sich die Waage. „Ich gehe unter“ ist irgendwie ein komisches Lied. Gegen Ende dreht sich der Song in eine völlig andere Richtung. Wir finden dass hier weniger mehr gewesen wäre. Über den nächsten Song breiten wir am besten direkt den Mantel des Schweigens aus. Aber vielleicht können Männer einfach seine Gefühle nicht zeigen. „Ich hasse es hier“ ist ein positiver Schlager. Und das mit der Pizza hat jeder bestimmt schon mal erlebt. Ich persönlich sogar noch schlimmer. Ich sag nur „Bohnenkraut“. Das war nicht sehr schön. Der „Nachtflug“ hat einen sehr kultigen Text. Kostprobe gefällig? „Er bucht den Nachtflug einmal täglich. Zur Sicherheit den Heimweg auch. Lichtjahre Luxus, vergeblich. Es bleibt beim harten Puls im Bauch.“ Das ist nicht schlecht, oder? „Ein Monster kam am Morgen“ wählt ein ähnlich asiatisch angehauchtes Intro wie „Japanese Boy“ von Andrea Jürgens, das aber unerreicht bleibt. „Crash“ klingt ein wenig mit seiner Rhythmusgitarre wie was von den DIRE STRAITS. „Leicht lädiert“ borgt sich den Anfang von Eddy Grants Band THE EQUALS und ihrem Hit „Baby Come Back“, aber nur die ersten 6 Zehntelsekunden lang. Danach wird es wieder normal. Über „Hoffnung“ und „Liebe“ verraten wir noch nichts, damit das Konzert morgen spannend bleibt.
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Foto: Michael Peterson