Hier würde jetzt eigentlich stehen, dass ein echter Weltstar in die Stadt kommt. Dass es von seinem Schlag eigentlich nur noch ganz wenige gibt. Spontan – würden wir behaupten – würden uns nur noch Albert Hammond und vielleicht Diether Dehm einfallen. Mit Diether Dehm der – war gut, oder? Aber Paul Anka, dem in Kanada geborenen Sohn libanesisch-syrischer Eltern, dem klassischen Pop-Wunderkind, im Alter von 14 Jahren einen Gesangswettbewerb gewonnen, minderjährig den ersten Plattenvertrag unterschrieben und als erste „echte Single“ mit „Diana“ direkt einen Welthit gelandet, blieb trotz der Autorenschaft einiger der bekanntesten Lieder aller Zeiten, die große Weltkarriere eines Frank Sinatras (für den er „Comme d’habitude“ von Claude François zu „My Way“ adaptierte und den englischen Text schrieb) verwehrt.
Das Material, das Anka in den ersten 15 Jahren seiner Karriere aufgenommen hat – welches locker zur Vertonung für ein halbes Dutzend historischer Gangsterfilme GOODFELLAS like ausreichen würde – ist durchzogen von einigen wirklich brillanten Stücken, seltenen Genreausbrüchen in z.B. Dixieland oder Northern Soul, unendlichem Mittelmaß und auch einigen peinlichen Verzweiflungstaten (der Tiefpunkt „Remember Diana“). Wir haben exklusiv für das Konzert am Freitag am Ende des Artikels eine Spotify-Playlist zusammengestellt. Auf der anderen Seite: Wer kann schon von sich behaupten, im Karriereherbst eine Platte mit Swingversionen bekannter Alternative-Hits wie „Lovecats“ von THE CURE oder „Smells Like Teen Spirit“ aufgenommen zu haben, unter der Produktion von Alex Christensen, und die trotz dieser Fakten auch noch tatsächlich ganz gut ausgefallen ist!?
Die Beantwortung der Frage, wie groß Ankas Anteil am Mittelmaß und den Tiefpunkten war, bleibt schwierig zu beantworten. Beim chronologischen Durchgehen seiner Singles ist jedoch unüberhörbar, wie da ein sehr sehr talentierter Songwriter und guter Sänger in die Mühlen der Musikindustrie gerät. Der sich aber auch möglicherweise für keinen Scheiß zu schade ist. Ende der 1980er Jahre findet Anka endlich aus dem Schlamassel, in dem er ab dem Zeitpunkt anfängt sein musikalisches Erbe zu verwalten.
Anka ist der klassische Las Vegas Crooner. „Weniger Dean Martin und mehr Lee Hazlewood“, hätte man ihm am liebsten Mitte der 1960er zugerufen. Bei den gleichaltrigen Songwritern seines Kalibers, gibt es tatsächlich nur noch den bereits erwähnten Albert Hammond. Wobei Anka im Vergleich zu Hammond die größere Bandbreite im Songwriting besitzt. Hammond hat andere Qualitäten. Seine Schnulzen sind wirklich die besten. Bei einem Konzert vor ein paar Jahren in Wuppertal, ist er im letzten Konzertdrittel von der Bühne gesprungen und hat gefühlt jedem Anwesenden im Saal die Hand geschüttelt. Beide – Anka und Hammond – haben ihre besten Songs für andere geschrieben. Haben sie? Oder hat ihnen die Plattenfirma es nicht selber zugetraut?
Tickets für Ankas einziges Deutschland-Konzert in 2022 – am Freitag im Kölner Tanzbrunnen – gibt es hier.
Und hier die Playlist und darunter einige Raritäten die es nicht auf Streaming-Portalen gibt.