„Maria W. Horn lebt in Stockholm und manipuliert Raum- und Zeitwahrnehmung durch extreme sonische Überfälle zwischen Minimalstrukturalismus und Offensivelektronik“. Das schreibt das österreichische Festival Heart of Noise über die Stockholmer Musikerin. „Sie interessiert sich für die Manipulation von Zeit und Raum im Spanungsfeld* klanglicher Pole, die zwischen minimalistischen Strukturen und durchdringender Powerelektronik oszillieren.“ Das schreibt das Dave Festival über die Gute. Wir überstehen das Supportingset oder den sonischen Überfall vor dem Auftritt von SWANS unbeschadet. Bei einem Konzert der Hauptattraktion konnte das in der Vergangenheit schon mal anders ausgehen.
Die Zeiten in denen SWANS Zen-Diktator Michael Gira headbangenden Zuhörern vor die Mütze getreten hat, gehören wohl schon länger der Vergangenheit an. Grimmig dreinschaun kann er hingegen immer noch ziemlich gut. Eine gewisse Ähnlichkeit mit dem österreichischen Serienmörder Jack Unterweger ist auch festzustellen. Das etwas über zwei Stunden andauernde Konzert – mein erstes SWANS Konzert – vergeht übrigens deutlich schneller als vorher vermutet. Dass die Show mit einem 70-minütigen „Song“ beginnen würde, hatte ich mir Vorfeld bereits ein Vögelchen ins Ohr gezwitschert. Die Setlist mit insgesamt sieben Stücken wurde anscheinend vor der aktuellen Tour einmal in Beton gegossen. In den Tracks wird aber, von Gira angeleitet, definitiv spontan ausgiebig improvisiert. Von klassischen Songs kann selbstredend keine Rede sein. Man hat mehr das Gefühl, dass Gira die Fähigkeit besitzt imaginäre Ventile mit seiner wirklich beeindruckend lauten und repetitiven Aufführung zu öffnen.
Die Show besitzt keinerlei breitbeinige Rockmusik-Eigenschaften und entfaltet tatsächlich neben der offensichtlichen physischen Komponente eine zweite subtile spirituelle Ebene, die ich gar nicht genauer beschreiben kann; man dafür aber sicherlich den Willen mitbringen muss, sich auch auf das Dargebotene einlassen zu wollen. Gegen Ende der Show sind deutlich weniger Besucher im Saal als am Anfang des Abends. Niederschlagend ist das teilweise brachiale, teilweise mediative Konzert jedenfalls überhaupt nicht. Am Ende des Abends hat man eher das Gefühl, dass man übers Wasser gehen kann. Das ist tatsächlich ein erstaunlicher Effekt. Ob sich dieses Gefühl in einiger Zeit bei einem erneuten Besuch eines SWANS Konzert wiederholen lässt, würde ich tatsächlich sehr sehr gerne herausfinden. Vielleicht wissen andere ja schon mehr dazu. Würde mich wirklich interessieren.
*so steht es da