Es gibt Künstler, die sich mit jeder neuen Platte weiter von dem entfernen, was man einmal an ihnen mochte. Gehört Mac DeMarco jetzt auch zu dieser Gruppe? Kevin Parker von TAME IMPALA hat in den letzten Jahren einen ähnlichen Weg eingeschlagen – weg vom warmen, ungestümen Psychrock der Anfangszeit hin zu einem glatten, elektronisch durchkomponierten Pop-Sound, der nicht alle alten Fans mitgenommen hat. Als DeMarco in diesem Sommer sein neues Album „Guitar“ veröffentlichte, reagierte die internationale Kritik ungewohnt zurückhaltend.
„Guitar“ erschien am 22. August 2025 auf seinem eigenen Label Mac’s Record Label. Das Album enthält zwölf Songs mit einer Laufzeit von etwas über 30 Minuten. DeMarco schrieb, spielte und produzierte alles selbst. Aufgenommen wurde im November 2024 in seinem Haus in Los Angeles – ohne Studiopersonal, ohne große Technik.
In Interviews erklärte DeMarco, dass viele der Stücke spontane Mitschnitte seien, sogenannte spur-of-the-moment first takes. Zuvor hatte er an einem anderen Album mit dem Titel „Hear the Music“ gearbeitet, das er wieder verwarf. Es habe sich, wie er sagte, „zu kontrolliert“ angefühlt. In diesem Zusammenhang verwendete er den Begriff demo-itis – die Angst, eine ursprüngliche Idee durch Überarbeitung zu verlieren.
„I think ‘Guitar’ is as close to a true representation of where I’m at in my life today as I can manage to put to paper“, sagte DeMarco zur Veröffentlichung. Und ergänzte in einem weiteren Interview: „The most important part of art is the human element.“
Das Album wurde international unterschiedlich bewertet. Pitchfork bezeichnete es als „seine bislang direkteste und selbstbewussteste Arbeit“. Das Slant Magazine urteilte dagegen: „Die Schlichtheit nutzt sich schnell ab.“ Ich neige dazu, Letzterem zuzustimmen.
Aber was sollte nach dem Opus magnum „One Wayne G“ auch noch kommen? Was DeMarco eher beiläufig als Archivleerung ankündigte, ist in Wahrheit eine 199 Titel umfassende und über neun Stunden lange Sammlung. Die Stücke entstanden zwischen 2018 und 2023, viele davon als Instrumentals oder Skizzen. Das Projekt erschien ohne Ankündigung und ohne klassische Promotion. DeMarco erklärte, er habe damit sein privates Archiv zugänglich machen wollen. Unter den Aufnahmen finden sich kleine Meisterwerke wie das kurze „20200817 Proud True Toyota“ – vielleicht sogar die besten Arbeiten, die DeMarco bisher veröffentlicht hat.
Prinzipiell knüpft „Guitar“ unmittelbar an dieses Archiv an. Beide Veröffentlichungen sind vollständig selbst produziert und entstanden unabhängig von großen Labels. DeMarco betreibt Mac’s Record Label seit 2018 und veröffentlicht dort eigene Musik sowie die befreundeter Künstler.
Die neuen Songs handeln von Alltagsmomenten und persönlichen Beobachtungen. „Home“ beschreibt Routinen des Zuhauses, „Holy“ spielt mit religiösen Bildern, „Sweeter“ und „I Still See You“ kreisen um Erinnerungen und Beziehungen. Gitarre, Bass, Schlagzeug und Gesang bilden die Grundlage aller Stücke. Die Songs sind kurz, meist ohne Refrain, und verzichten auf Überarbeitung.
In Deutschland stehen jetzt zwei Termine auf dem Plan: am 3. November in Berlin (Columbiahalle) und am 4. November in Köln (Carlswerk Victoria). Insgesamt umfasst die Tour rund 40 Konzerte in Europa, Nordamerika und Asien.
Die Setlists der bisherigen Shows folgen einem klaren Muster: „Home“, „Holy“ und „Nightmare“ eröffnen den Abend, danach kommen ältere Stücke wie „My Kind of Woman“, „Chamber of Reflection“ und „Salad Days“. Zwischen den Songs gibt es häufig improvisierte Passagen oder kurze Zitate – etwa aus „Enter Sandman“, jenem Metallica-Song, den DeMarco 2021 für das Tribute-Album „The Metallica Blacklist“ eingespielt hatte. Oder gar ein MOODY BLUES Cover. Die Älteren unter den Lesern kennen noch ihren Kuschelbumsklassiker „Nights in White Satin“.
Bei aller Konfusion über die neue Platte: Mac DeMarco hat den Kreis geschlossen. Nach neun Stunden Musik und 199 Tracks auf „One Wayne G“ reichen ihm jetzt wieder eine halbe Stunde und eine Gitarre. Vielleicht ist das kein Konzept, sondern schlicht die logische Konsequenz. Er will definitiv nichts demonstrieren, kein Image pflegen, keine Erwartungen bedienen. Alles, was bleibt, ist das Spielen. Der Rest ist nur Hintergrundrauschen.
Beide Konzerte – in Berlin und Köln – sind ausverkauft.
Im Sommer 2026 kehrt Mac DeMarco für zwei weitere Deutschlandtermine zurück:
am 15. Juni 2026 im Capitol Offenbach und am 17. Juni 2026 in der Zitadelle Spandau in Berlin.
Fotocredit: Mac DeMarco







