Heiß ist es in der L’étage im Hinterhaus der Schlesischen Straße 38. Trotzig versucht ein altersschwacher Ventilator die Luft in Bewegung zu bringen. Bei den geschätzten 250 dicht gedrängt stehenden Menschen jedoch verlorene Liebesmüh. Es ist das Publikum, das auf der Record Release Party am Abend des 19. Septembers das neue Werk von I might be wrong feiern will. „Salomon / À Propos“ ist der Name der EP und neu veröffentlichten Doppelsingle der Berliner Indielektro-Musiker.
Ebenerdig zum Publikum haben sich die fünf Bandmitglieder positioniert. Vor einer Videoprojektion von spielenden und Geburtstag feiernden Kindern auf Wand und Deckenbaldachin. Von dort präsentieren sie die Klänge ihrer neuen, im Label Sinnbus Records erscheinenden LP, gemischt mit älteren Stücken ihrer vorhergehenden Veröffentlichungen. Die Berliner spielen ihre Songs zuweilen übergangslos, ein schöner Klangteppich bleibt fast immer bestehen. Doch wenden sich einzelne Mitglieder zwischenzeitlich auch an das Publikum, bedanken sich für den begeisterten Applaus und kündigen nächste Stücke an.
Für die Single „Salomon“ spricht Sängerin eine Widmung für die „viel zu früh“ verstorbene jüdische Malerin Charlotte Salomon aus, die im Alter von 27 in Auschwitz hingerichtet wurde. Gerade bei diesem Lied wirkt die Stimme der Sängerin Lisa von Billerbeck zerbrechlich, die sonst meist in klarer Kräftigkeit besteht. Nuanciert passt sie sich variabel an jeweilige Texte und Stimmungen an, ertönt mal zart, mal fragil. Und dann übernimmt sie wieder die Führung im Spiel, angenehm und fast erstaunlich kraftvoll angesichts der zierlichen Person. Unterstützt von der virtuosen Spielweise Florian Frenzels an der Gitarre und Andreas Bonkowskis am Bass fügt sich die Stimme ins Bild. Doch auch die anderen Mitglieder des Ensembles, Ann Schönwald (Keyboards) und Wolfgang Schneider (Drums) tragen zum perfekten Gesamtspiel bei.
Nach fünfzig Minuten kommt das Ende des Konzerts – und doch gibt es noch zwei Zugaben, letztere eine Unplugged-Version, mit Akustikgitarren, Drums und Gesang. Ein Highlight für das leider noch einmal explizit Ruhe und Aufmerksamkeit der hinteren Reihen gefordert werden muss. Dessen ungeachtet schaffen I might be wrong mit ihrer Musik an diesem Samstagabend eine herrliche musikalische Atmosphäre, die sich in kein festgelegtes Schema pressen lässt. Ein wenig Indielektro, ein wenig NeoPop. Mit einem schönen elektronischen Fundament, das trotzdem viel Platz für Gitarren lässt und natürlich für eine Stimme – mal mädchenhaft, mal erwachsen.