Kettcar sind Kettcar, Kettcar waren immer Kettcar. Und Kettcar werden immer Kettcar bleiben. Daran ändert auch ZWISCHEN DEN RUNDEN nichts. Es ist nach fast vierjähriger Pause das vierte Studioalbum der Hamburger Poeten. Und auf dem hat sich der Tenor auf gar keinen Fall verändert. Dafür kann man Kettcar dankbar sein. Sehr sogar.
Es gibt keine Experimente, keine dröhnenden Beats, keine heiß gelaufenen Synthies, keine automatisierten Phrasen. ZWISCHEN DEN RUNDEN erfüllt genau alles, was vom Kettcar’schen Sound erwartet wird. Ob das nun Indie-Rock oder Hamburger Schule ist, ist doch egal. Eigentlich ist Kettcar eine der ganz wenigen Bands, die etwas schaffen, was man gar nicht benennen kann und muss. Denn das Einzige, was zählt, sind die Worte, die die fünf uns schenken. Sie selbst finden ihr Album ruhiger und vielleicht positiver als den Vorgänger SYLT, ohne dass dabei die latente Melancholie verloren geht, die nicht nur Fans der Band schätzen. ZWISCHEN DEN RUNDEN ist ein bisschen pompöser inszeniert, hin und wieder erklingen Streichinstrumente. Passt nicht zu Kettcar? Passt verdammt gut. Der Song „Im Club“ ist schon vorab als Video veröffentlicht werden. Es geht ums Scheitern, ums Durchhalten, ums Aufstehen. Man muss akzeptieren nur „einer von vielen zu sein“, die das Leben zu meistern haben, also: Willkommen im Club. Für das Video ließ die Band es sich nicht nehmen, ihre Fans zu mobilisieren. Gewünscht waren Fotos, auf denen bitte alles an Ausdruck, aber ja kein Lächeln, zu sehen ist. Am Ende wurde gut die doppelte Menge als benötigt eingeschickt, wer jetzt Teil des Videos geworden ist, darf dann auch nachträglich lächeln. Darüber, nun doch etwas Besonderes zu sein. Ein bisschen Grinsen muss man auch beim Opener „Rettung“, einem tragisch schönen Liebeslied. Quintessenz der Zeilen: Bei der Liebe geht es nicht darum, was man empfindet, sondern es geht darum, wie man handelt. Verdeutlicht an einer Geschichte des Absturzes, wie ihn viele als dunkle Erinnerung verdrängen möchten: Zu viel gesoffen, den Heimweg nicht allein geschafft, Yoga-Übungen über der Kloschüssel. Und dann ist da jemand, der uns mit den Worten „Und jetzt liegst du da und ich pul Essen aus deinem Haar“ rettet. Mit diesen Worten treffen Kettcar genau eine der Gesten, die tatsächlich die Liebe bedingungslos erklären.
Auf diesem Album wird so viel Nachvollziehbares in Worte gefasst, dass man meinen könnte, ZWISCHEN DEN RUNDEN sei ein autobiografisches Werk. Aber das ist ganz weit gefehlt. Kettcar hassen diese persönlichen Dramen, die eigentlich keine sind. Ehrliche Schicksale, wie sie passieren können, das sind die Dinge, die Platz in ihren Liedern finden. Und der Albumtitel? Der lässt viel Raum für spekulative Interpretationen. Fakt ist, Kettcar haben keinen Namen gefunden, der die Heterogenität der Songs repräsentiert hätte. Aber vielleicht trifft Marcus Wiebusch es ganz gut, wenn er sagt, dass die Lyrik auf Wanderschaft sei, um Phantasien loszulassen. ZWISCHEN DEN RUNDEN ist ein Album, bei dem man sich mal wieder fallen lassen kann. Bei dem man in die PräsidentInnensuite des Van Cleefer Hotels eincheckt und all ihre Vorzüge genießt.
VÖ: 10.02.2012; GHVC/Indigo
Tracklist:
01. Rettung 9/10
02. Im Club 9/10
03. Schwebend 10/10
04. R.I.P. 7,5/10
05. Kommt Ein Mann In Die Bar 7,5/10
06. Weil Ich Es Niemals So Oft Sagen Werde 8/10
07. Schrilles Buntes Hamburg 9/10
08. Nach Süden 8/10
09. In Deinen Armen 8/10
10. Der Apokalyptische Reiter Und Das Besorgte Pferd 8/10
11. Erkenschwick 7/10
12. Zurück Aus Ohlsdorf 10/10
Durchschnitt: 8,5/10
Gesamteindruck: 9/10
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Da gibt es, und es gab schon immer besseres.
Da ist wohl jemand zu doof um Kettcar zu verstehen.