Es wird wohl die Euphorie über das gewonnene Viertelfinalspiel gewesen sein, die das Gebäude 9 an diesem Freitagabend auch um halb 12 noch wie leer gefegt aussehen lässt. Dabei haben sich die Kollegen vom Magazin Intro nicht lumpen lassen und für ihr Newcomer-Format Introducing im Rahmen der diesjährigen c/o pop die Amerikaner von Light Asylum sowie die Briten von Ghostpoet und Clock Opera in die Domstadt geholt. Doch wahrscheinlich wegen des Einzugs der deutschen Mannschaft ins Halbfinale kamen nur die wenigsten Besucher in den Genuss, letztere live erleben und sich von dem Mix aus Rock und Elektro-Pop überzeugen lassen zu können.
Überzeugungsarbeit mussten die New Yorker von Light Asylum nicht mehr viel leisten. Mit einer schier grenzenlosen Kraft singt Sängerin Shannon Funchess zu den großartig inszenierten Synthiepop-Dark-Wave-Klängen, die so unterkühlt, düster und gleichzeitig doch so kraftvoll und tanzbar daher kommen, dass sich das Publikum nicht nur von ihrer bekanntesten Single „Dark Allies“ schnell mitreißen lässt. Funchess‘ androgyner Charme und ihre kräftige, dunkle Stimme lässt an Grace Jones (zugegebenermaßen in anderen Körpermasse-Verhältnissen) denken und steht so im krassen Gegensatz zu Bandkollegen und Keyboarder Bruno Coviello, der ganz in Tasteninstrument und Soundcomputer versunken zu sein scheint. Doch funktionieren die beiden sehr gut zusammen und bringen an diesem Abend nicht nur die ersten drei Reihen zum ausgelassenen Tanzen.
Mit einer halben Drehung vom düsteren Synthiepop und einem großen Schritt hin zum Hip Hop, eingehakt in die Brüder Soul und Dubstep, zeigt dann kurz darauf auch Obaro Ejimiwe aka Ghostpoet, was in ihm steckt. Hinter seiner nicht entspiegelten Nerdbrille lässt sich oftmals nicht erkennen, ob der Londoner mit nigerianischen Wurzeln die Augen geöffnet oder doch unentwegt geschlossen hält. Klar ist aber, dass er ganz bei sich zu sein scheint. Bei sich, seiner Musik (neben Schlagzeuger und Bassist steht er selbst am Soundcomputer) und seinen smarten Reimen, die sich mit den tiefen Klängen zu einem dichten Klangteppich verweben, um sich dann wieder mit den Bässen verbinden und das Publikum in den Tiefen der Seele zu packen scheinen. Nur ein Jahr nach seinem Debütalbum PEANUT BUTTER BLUES AND MELANCHOLY JAM ist klar, dass die Live-Auftritte halten, was der Tonträger verspricht und so wird dies wohl nicht die letzte Nacht gewesen sein, in der der Geisterpoet sein Publikum irgendwo zwischen später Nachtstunde und frühem Morgengrauen mit wummerndem Bass im Trommelfell nach Hause schickt.
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