Was erwartet man von einer Band, die mit ihren bisherigen Alben eine Euphorie losgetreten hat? Ein neues Album der Superlative? Ein stetiges Wachsen des good-old-dirty-boys-style? Oder doch eher ein Abklingen der formidablen Röhre des Brian Fallon?
Zum Einstieg zumindest ist er da, der Sound, der Fans von The Gaslight Anthem antreibt. Der spüren lässt, dass diese Band etwas ganz Besonderes ist. In einer Mischung aus feinen Metaphern und melancholischen Akkorden, wird man schnell in Aufbruch-Stimmung versetzt. Schnell gehaltene Songs lassen einen aufspringen, ruhige Töne versetzen in Schlummer-Modus. Und alles mit der gewissen Prise Feingefühl, die das Bild der New Brunswicker abrundet. Apropos New Brunswick: Jetzt, wo Thursday nicht mehr sind, bürdet doppelte Last auf The Gaslight Anthem, hält die gemeinsame Heimatstadt scheinbar das Zepter des guten Geschmacks in der Hand. Auf HANDWRITTEN finden sich auch durchweg ganz gute Songs. Nette Songs. Aber das ist es dann auch. Mit „45“ steigt man in Altbekanntes ein und freut sich auf eine Achterbahnfahrt im großen Park der Klangfreude. Aber Songs wie „Too Much Blood“ oder „Bilotoxi Parish“ dümpeln eher vor sich hin. Nach dem ersten Hören kann man sich ruhig fragen: Das war es jetzt? Wo sind sie, die Lieder, die einen den Drink an der Bar stehen lassen, um die Tanzfläche kaputt zu rocken?
HANDWRITTEN ist genehm, angenehm sogar. Aber das reicht irgendwie nicht. Vielleicht sollte man gerechterweise sagen, dass die Erwartungshaltung wohl überwiegend von großen Dramen geprägt war. Wer die alten Platten auswendig kennt, wird sich zwar mit diesem Album zufrieden geben, es wird aber nicht die Bereicherung sein, die man sich so sehr gewünscht hat.
Ohr D’Oeuvre: 45, National Anthem
VÖ: 20.07.2012; Mercury/Universal
Tracklist:
01. 45
02. Handwritten
03. Here Comes My Man
04. Mulholland Drive
05. Keepsake
06. Too Much Blood
07. Howl
08. Biloxi Parish
09. Desire
10. Mae
11. National Anthem
Gesamteindruck: 6/10
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