Die Sonne steht im Zenit, sofern eine geografische Einordnung wie diese bei unseren Längen- und Breitengraden überhaupt möglich ist. Die Sonne brennt schon im Gesicht und die Stimmung ist besser denn je. Gefühlt sind auch wesentlich mehr Festivalgänger an diesem Tag anwesend als noch einen Tag zuvor. Das liegt womöglich daran, dass nun das Wochenende erreicht ist. Insofern sind gleichbedeutend mehr Leute auf die ganz großen Acts am späten Abend gespannt: Metronomy, Puriy Ring, Marsimoto und James Blake geben sich ein Stelldichein. Soviel vorab. Doch nur allein von diesen zu berichten reicht an dieser Stelle nicht aus. Schließlich bietet der Tag abermals ein sehr umfangreiches und buntes Line-Up, das durchaus sehr viel mehr zu berichten parat hält.
Den Start macht der junge Flensburger Tom Klose & Band am Samstag, und das bereits um die Mittagszeit. Viele Festivallisten sind zu diesem Zeitpunkt noch nicht anwesend. Abgelöst wird dieser von der zauberhaften Soléy, die weitaus mehr Fans zu Ihren extra angereisten zählen kann. In gekonnter Manier singt diese lieblich-süß und mit Freude erfüllt, als gäbe es keinen schöneren Ort auf Erden, um Ihre Singer-Songwriter-Geschichten zu erzählen. Eine leicht verwirrende Vorgeschichte bringen anschließend Wye Oak mit. Ein Pärchen, das früher auch wirklich liiert war und darüber hinaus bandtechnisch von vier auf zwei Bandmitglieder geschrumpft ist. Soviel am Rande. Ihre Musik macht in keinem Fall konfus, sondern brilliert. Indie-Rock mit Folkeinflüssen, die einen träumen lassen. Herrlicher Dream Pop. Weniger Pop, dafür mehr Rock und derben Gitarrensound im Hinterhalt bieten die aus Kopenhagen stammende Band Whomadewho in den frühen Abendstunden. Die drei Dänen mit Ihrem Soundmix aus Indie-Rock und Dance-Punk, sprich Electroclash, sind derzeit stark angesagt und dementsprechend positiv ist die Resonanz vor und nach ihrem Auftritt. Doch ist die Zeit für ihren Auftritt eher ungünstig gewählt, denn die Stimmung ist zwar gut, allerdings nicht am Brodeln. Eher am Kochen und das liegt einzig und allein daran, dass die angesammelten Zuschauer bei Temperaturen weit über 20 Grad eng zusammenhocken.
Zur selben Zeit spielt Lucy Rose. Diese braucht keine große Bühnenshow. Sie alleine ist es, die überzeugt und das ohne großen Schnick-Schnack, wie es ein Hamburger verlauten lassen würde. Nur mit einer Gitarre und einem Stuhl auf der Bühne ausgestattet, sitzt sie da und zieht das gesamte Publikum mit ihrer sentimentalen und leicht schüchternen Art auf Ihre Seite. Ihre Danksagungen an das Publikum sind ehrlich und sympathisch, ohne dabei dick aufzutragen. Ganz anders ist es bei Metronomy. Die festivalerprobten Durchstarter sind es, die Vollgas an diesem Abend geben, als ob es ihr letzter öffentlicher Auftritt wäre. Diese Tatsache trifft auch in gewisser Weise zu, denn in diesem Jahr sind die vier Londoner auf keinem weiteren großen Festival in Deutschland anzutreffen. Es ist also ein großes Geschenk, dass sie beim Dockville sind und auch das Album THE ENGLISH RIVIERA voll ausgeschöpft wird. Bei „Corinne“ brechen schließlich alle Deiche.
Entsprechend voll, man könnte fast sagen völlig überlaufen ist die Vorschot-Bühne vor dem Auftritt von Dillon. Diese zählt auf vielen Line-Ups in diesem Jahr schon zum festen Stamminventar. Dementsprechend hoch gehandelt und verehrt wird die junge Dame, die unnahbar und zugleich eindringlich ist mit Ihrer Musik. Ihr Auftritt ist allerdings nicht, wie man es erwartet hat. Das kann daran liegen, dass sie im prallen Sonnenlicht steht. Ihre Bühnenshow ist sonst mit kleinen Installationen und Lichteffekten versehen, die an diesem Tag leider nicht zum Vorschein kommen. Auch Dillon selbst kommt nicht zum Vorschein. Sie steht links in die Bühnenecke gedrängt und wirkt dort leider etwas verloren.
Es ist dunkel geworden auf dem Gelände. Und der Kornspeicher erstrahlt nun in seiner vollen Pracht. Eine Eins-a Kulisse bietet dieser für die weiteren Acts James Blake, Marsimoto und Purity Ring. Die beiden jungen Kanadier spielen parallel zu beiden und haben insofern im Vorfeld schon eine große Konkurrenz. Allerdings zeichnen sich diese an diesem Abend als Geheimwaffe aus: Ihr Bekanntheitsgrad ist zwar noch ausbaufähig, allerdings räumen sie nun das Feld von hinten auf. Keine Spur von eingängigem Einheitsbrei, sondern gefeilte Extravaganz bei ihrer Inszenierung auf der Bühne und in der musikalischen Umsetzung ihres Debütalbum SHRINES. Ein Mix aus Dream- Pop, der einen allerdings nicht in Tagträume versetzt, da diese bei dem extrovertierten Soundschnipseln womöglich völlige Verwirrung hervorbringen würde.
Last but not Least ist der talentierte Allrounder James Blake an jenem Abend. Der Brite steht eigentlich nur auf der Bühne oder sitzt am Keyboard und versprüht dabei einen Zauber, der von seiner Präsenz auf der Bühne aus geht. Ob man ihm gebannt zuschaut oder nicht, man hat auf jeden Fall die Möglichkeit, völlig losgelöst seinen elektronischen Beats und seinem zerbrechlichen Gesang zu lauschen und sich dabei fallen zu lassen. Das gelingt. Alle, die nun völlig schlaftrunken sind, wandeln ab dann zurück nach Hause. Für alle anderen verspricht die Nacht sehr elektronisch und somit auch tanzwütig zu werden. Das Line-Up verspricht Unterhaltung pur bis in die frühen Morgensunden. Und der nächste und somit letzte Tag des Festivals umso mehr.
Einige Impressionen von dem Festival Tag 2:
no images were found