Es gibt Abende, die gibt es eigentlich nicht. Da hat man als Musikfan die Qual der Wahl, eine Entscheidung fällt schwer. Diesmal muss diese zwischen Coldplay, Smith & Burrows, De La Soul und eben Bodi Bill fallen. Jene Musiker aus Berlin, die dieses Jahr mit WHAT? ihr bereits drittes Album herausgebracht und in der Folge das Berliner Lido vier Mal hintereinander ausverkauft haben. Jene Musiker, deren Songs sich mit ihrer Mischung aus Minimal, Techno, Indierock und etwas Folk wohl am ehesten in das Genre der Indietronica eingruppieren lassen. Obwohl das mit dem Schubladendenken ja so eine Sache ist.
Kurz vor Jahresende hat es die Band um Sänger / Gitarrist / Beatbauer Fabian Fenk aber jetzt noch einmal nach Köln geschafft, Ziel ist das heute außerordentlich gut besuchte Gebäude 9. Ob es als Omen gewertet werden darf, wenn in der Umbaupause zwischen Vor- und Hauptband Früh-90er-Techno gespielt wird? Im weiteren Verlauf des Abends wird sich zeigen: Ja, es ist ein Omen. Soviel also zum Thema „Schubladendenken“.
Die obligatorische Aufwärmrunde bestreiten die Hauptstadt-Kollegen von Unmap. Eine Sängerin, ein Instrumentalist. Stampfende Beats aus dem Laptop, Minikeyboard, minimalistisches Gitarrenspiel, reduzierter Gesang. Immerhin unaufdringlich genug, um nicht allzu sehr von den kurz danach folgenden Headlinern abzulenken.
Dann aber Bodi Bill. Dass ihr Hit „What?“ schon direkt am Anfang verbraten wird, stört im Prinzip niemanden – schließlich ist Bodi Bill keine Ein-Hit-Band. Die Zuschauer, die heute Abend hier sind, sind da, um eine gute Zeit zu haben und eine Band zu feiern, die sich auf der Bühne als wahre Rampensäue beweist. Die Köpfe der vier beteiligten Personen wippen zu schwer wummernden Beats vor und zurück, während Fenk vorne auf der Bühne Schwerstarbeit verrichtet und schon im zweiten Song des Abends („Pyramiding“) im ausladenden Vogelkostüm eine wilde Tanzorgie auf die Bretter legt. Im Hintergrund: Wilde Visuals, per Beamer auf die Leinwand im Bühnenhintergrund geworfen, eine passende Untermalung des Geschehens wenige Meter davor.
Weder „Criminal“ noch „Hotel“ noch „Brand New Carpet“ noch „I Like Holden Caulfield“ fehlen, aber die Stimmung ist unabhängig vom gespielten Lied famos. Verspielt, reduziert und doch höchst stimmungsvoll geht die gute Laune von den Protagonisten auf der Bühne hinunter zum Publikum und wieder hinauf. Lediglich einzelne, weil ruhigere Songs, schrauben die Stimmungsspirale vorübergehend etwas hinunter, aber danach geht es direkt wieder nach oben. Schließlich feiern Bodi Bill zu projizierten, hüpfenden Luftballon-Smilies zwischendurch sogar eine ganz unpeinliche Acid-Zelebrierung.
Womit wir wieder bei der anfänglichen Diskussion um das Thema „Schubladendenken“ wären, schließlich sind auch die Zugaben (ja, gleich derer Zwei) alles andere als vorhersehbar. Die zweite Zugabe des Abends beginnt schließlich, wie die Erste geendet hat: In einem überbordenden, gefühlt 10-minütigen Techno-Opus, das den Zuschauern abschließend noch einmal alles abverlangt.
Und wie einmal jemand meinte, Bodi Bill seien gar nicht in der Lage, schlechte Alben abzuliefern, muss hier letztlich konstatiert werden, dass sie auch gar nicht in der Lage sind, ein schlechtes Konzert abzuliefern. Denn das hier war fantastisch – und kein Einzelfall.