Französische Musik trägt eine Last mit sich herum. Dass es neben elektronischer Musik und Chansons auch noch andere Genres gibt, wird übersehen.
Ein Schicksal, das übrigens auch der französische Film in der massenkulturellen Wahrnehmung teilt, der allzu oft auf Horror und/oder Luc Besson reduziert wird. Francois and the Atlas Mountain geben mit PIANO OMBRE nun Nachhilfeunterricht in Sachen Popkultur des wohl schönsten Nachbarlandes. Zahlreiche stilistische Einflüsse verdichten sich zu einem ziemlich großartigen Album, bei dem man aus dem Staunen nicht mehr herauskommt ob der Flut an Einflüssen, die hier nahtlos ineinandergreifen.
Immer wieder lugt da z.B. ein Peter Gabriel hervor. „Don’t Give Up“ scheint einer dieser Songs zu sein, die während der Aufnahmesessions immer mal wieder angehört wurden. Oder auch „Red Rain“ – das Intro zu „The Way To The Forest“ steht ganz in seiner Schuld. Afrobeat, Elektro, Synthpop, Jazz, Folk, Chanson und sogar klassische Musik (Debussy) gehen hier Hand in Hand. Wie z.B. in „Bois“ Jazz, Elektro und Indiepop ineinandergreifen, sucht wirklich seinesgleichen. Anfangs noch reduziert auf Gesang, elektronische Perkussion und allerlei Gefiepe, mischt sich nach gut zwei Dritteln des Stücks eine Trompete ein, löst den Gesang ab, verdichtet den Sound und erinnert an Soundtracks zu depressiven, amerikanischen Thrillern der späten 1980er / frühen 1990er Jahre. Ziemlich großartig.
Der Titelsong „Piano Ombre“, ein weiteres Highlights des gleichnamigen Albums, reduziert den Sound auf ein Piano (im Hintergrund, ganz leise, Synthflächensounds), deutlich treten Synthesizer hervor, man entfernt sich immer weiter vom Chanson, ehe die komplette Band einsetzt. Die letzten 30 Sekunden, mit Besenschlagzeug, verhallten Gitarren, Piano und Synthesizern könnten so auch auf einem Midlake-Album auftauchen und niemand würde sich groß darüber wundern.
Abseits von diesen kleinen, in sich gekehrten Meisterwerken können Francois and the Atlas Mountain aber auch als tanzbare Indieband überzeugen. Wer sich für Musik interessiert, dem wird „La Verité“ nicht entgangen sein. In eine ähnlich hymnische Kerbe schlagen auch „Revail Inconnu“ (ganz im Geiste des neuen Daft Punk-Albums) oder „Bien Sur“. Auf PIANO OMBRE treffen interessante musikalische Stoffe auf ganz und gar talentierte Weber, die ihre Fäden zu etwas ganz eigenem verdichten und sich wohlig abheben vom Indie-Allerlei unserer Tage. PIANO OMBRE mag vieles sein, doch Langeweile sucht man hier – vom leider etwas eintönigen Gesang großzügig abgesehen – vergebens.
Ohr d’Oeuvre: Piano Ombre / Bois / La Fille Aux Cheveux De Sole
VÖ: 14.03.2014; Domino Records.
Tracklist:
1. Bois
2. La Verité
3. The Way To The Forest
4. La Fille Aux Cheveux De Sole
5. Summer Of The Heart
6. La Vie Dure
7. Reveil Inconnu
8. Piano Ombre
9. Fancy Foresight
10. Bien Sur
Gesamteindruck: 7/10
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