Frank Turner zum Dritten. So oder so ähnlich fühlt es sich an, denn der Brite ist zum wiederholten Male in der Domstadt, ohne neues Material veröffentlicht zu haben. So spielte er im April sowie September 2013 und auch heute in einer ausverkauften Location. Ebenso begehrt war am Vortag sein Vortrag zum Thema Songwriting im Rahmen des Literaturfestivals LitCologne, das in Köln bereits zum 14. Mal stattfindet. Was macht den Mann und seine Musik aus?
Bevor diese Frage beantwortet werden kann, bekommen zwei Supports die Gelegenheit, ihr Können unter Beweis zu stellen. Mit Ducking Punches nutzt ein klassischer Singer-/Songwriter seine Chance, der im wahren Leben Dan Allen heißt und aus Norwich kommt. Aufmerksamen Turner-Fans und Kennern sagt dieser Mann etwas, hat dieser auf der Tour im September 2013 Frank Turner in seiner Band The Sleeping Souls unterstützt. Seine Musik klingt nett und etwas kantig, der Punk in seinen Stücken lässt sich akustisch jedoch nur erahnen. In voller Montur, also mit Bandbegleitung, wäre die Musik sicher aussagekräftiger.
Der zweite Supportact ist eine Band, die heute jedoch als Duo in Erscheinung tritt und von Frank Turner himself am Schlagzeug unterstützt wird. Interessanter Indiepop mit teils hohem, fast schon winselndem Gesang. Töne zu treffen, darum geht es Andrew Jackson Jihad weniger, Markenzeichen scheinen die absurd-witzigen Texte zu sein. Da fallen so Textpassagen wie „I Hate My Brain“, die hinter eher harmloser Popmusik versteckt werden. Sicher wäre auch hier ein längeres Set mit allen Beteiligten durchaus sehens- und hörenswert.
So ist es bereits gegen 21:30 Uhr, als „Haul On The Bowline“ von Bob Neuwirth ertönt und Frank Turner mitsamt Band die Bühne betritt. Was dann folgt, ist ein Konzert, bei dem alles passt. Das Publikum singt und klatscht eifrig mit, das Licht wird in dem ganzen Saal bunt abgestrahlt, nur bei zwei Songs wird Stroboskoplicht eingesetzt. Turner, aber auch die ihn begleitenden Sleeping Souls, haben den Schalk im Nacken, imitieren Hampelmänner oder wollen das gesamte Kölner Publikum mit auf Kreuzfahrt nehmen. Die Songs kommen direkt und ohne viel Schnörkel, werden manchmal einen Hauch schneller gespielt als von CD und zwischendurch verabschiedet sich die Band sogar von der Bühne und Turner spielt ein paar Stücke solo. „Eulogy“ singt er auf Deutsch – und ein Cover von Emily Barker & The Red Clay Halo namens „Fields Of June“ mit genau dieser vor 2.000 Leuten. Da immer schön abgewechselt wird und immer dann verändert wird, wenn etwas droht überschüssig zu werden, entstehen zu keinem Zeitpunkt Langeweile oder gar ärgerliche Längen. Einen Höhepunkt gibt es trotzdem: bei „Recovery“, dem letzten Song des regulären Sets, kocht das ausverkaufte E-Werk. Im Zugabenteil erlebt die ausverkaufte Halle bei „I Still Believe“ Emily Barker an der Mundharmonika, bevor das Konzert nach zwei Stunden zu Ende geht.
Doch erneut zur Ausgangsfrage: Was macht diesen Mann aus? Bei jedem einzelnen Aspekt – Gesang, Songwriting oder Authentizität – gibt es Bessere auf dem Musikmarkt. Es ist der Mix und fast noch wichtiger die Dosis, die seinen Erfolg ausmachen. Frank Turner bleibt immer angenehm und ist somit nie anstrengend. Scheinbar hat er ein Gespür dafür. Wenn er sich das bewahrt, wird es immer wieder schöne Abende mit ihm geben.
Fotos: Julia Laacks
Ducking Punches
Andrew Jackson Jihad
Frank Turner
Setlist:
Photosynthesis
Plain Sailing Weather
Peggy Sang the Blues
Losing Days
Try This at Home
Glory Hallelujah
Reasons Not to Be an Idiot
The Way I Tend to Be
Wessex Boy
Eulogy
Fields of June
Sailor’s Boots
I Am Disappeared
The Road
If Ever I Stray
Polaroid Picture
I Knew Prufrock Before He Got Famous
One Foot Before the Other
Long Live the Queen
Recovery
The Ballad of Me and My Friends
Love Ire & Song
I Still Believe
Four Simple Words