Schwermütig, düster und eine „in-your-face“-Attitüde: 2012 war für Dylan Baldi ein schwarzes Jahr. Geplagt von Langeweile, Aggression und Verzweiflung schrieb der Cloud Nothings-Frontmann damals sein bisher härtestes Album. Nun erscheint mit HERE AND NOWHERE ELSE das positiv-glückliche Pendant dazu – jedoch rotziger, selbstbewusster und lauter als je zuvor.
Vor zwei Jahren lieferten Cloud Nothings mit ATTACK ON MEMORY ein herbes Album, welches mit Songtiteln wie „No Future/No Past“ oder „Stay Useless“ eher negative Gedanken heraufbeschwor, die sich gegen einen selbst und am besten noch gegen die ganze Welt, ja das gesamte Universum richteten. Mit Nirvana-Produzent Steve Albini im Boot entstanden laute Songs, in denen Dylan Baldi mit Zeilen wie „I thought I would be more than this“ zu einem Kurt Cobain der Indie-Szene avancierte.
Doch nun hat man wohl genug vom dreckigen Rockstarleben, dem Pessimismus und der Depression. Mit HERE AND NOWHERE ELSE erscheint ein Licht am Ende des Tunnels. Krach machen die drei Jungs aus Cleveland zwar immer noch, jedoch wirken die Songs melodischer und belebter. Selbstbewusst singt Baldi: „You know there’s nothing left to say“ in „Now Hear In“ – man ist eben kein Opfer mehr, sondern besinnt sich nun auf sich selbst. Die Lyrics bleiben einfach und werden oft wiederholt, bis sich der Hörer in diese hineinsteigert – absolutes Ohrwurm-Potential.
„Just See Fear“ kennzeichnet sich wiederum durch einen hektischen Tempowechsel, in dem Baldi zeigt, dass er trotz positiver Kehrtwende immer noch weiß, wie man in bester Grunge-Manier ins Mikro schreit. In „Pattern Walks“ erinnert seine raue, brechende Stimme an „Wasted Days“, steht der Nummer allerdings in nichts nach, sondern gewinnt durch die Kombination von Indie-Rock mit aggressiven Ausbrüchen Eigencharakter. Das abschließende „I’m Not Part of Me“ fasst die Message der Band gut zusammen. Darin heißt es: „I’m learning how to be here and nowhere else“. So treffend anscheinend, dass es prompt der Name des Albums wurde. Das Trio ermutigt zum Individualismus – man soll tun, was einen glücklich macht, ohne sich von anderen davon abhalten zu lassen.
Selbstfindung ist also das große Thema in ihrem bereits vierten Longplayer. Glücklicherweise ist dies ein Prozess, in dem man sich vielseitig ausprobiert, was man an der musikalischen Entwicklung von Cloud Nothings sehen kann. Mit HERE AND NOWHERE ELSE schlagen sie eine neue Richtung ein – und wir können
gespannt sein, wohin die Reise noch gehen wird.
Ohr d’Oeuvre: Now Hear In, Just See Fear, I’m Not Part of Me
VÖ: 28.03.2014; Wichita/Pias/Rough Trade
Tracklist:
01. Now Hear In
02. Quieter Today
03. Psychic Trauma
04. Just See Fear
05. Giving Into Seeing
06. No Thoughts
07. Pattern Walks
08. I’m Not Part of Me
Gesamteindruck: 7,5/10
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