Ein neues Album von Fucked Up und es ändert sich kaum etwas. Was sich auf den ersten Blick nicht besonders positiv anhört, ist jedoch keinesfalls so gemeint. Warum die Kanadier auch mit GLASS BOY wieder ein überdurchschnittliches Album veröffentlichen und warum sie auch mit dieser Platte nicht den großen Durchbruch schaffen werden…
Irgendwie ist es bei Fucked Up immer so, dass die Band wie aus dem Nichts mit einem neuen Album um die Ecke kommt, welches dann jedes Mal ein Referenzwerk im Hardcore sein könnte, ohne dass es überhaupt komplett in diesem Genre zu Hause ist. Man hört die Platte und ist verzückt, wie toll das Gekeife von Shouter Damian Abraham mit den eher indieesken Melodien des zweiten wichtigen Mannes im Bandgefüge, Mike Haliechuck, zusammenpasst. Hier liegt jedoch auch ein wenig das Problem bei Fucked Up. Diese irrwitzige Mischung aus Geschrei und bittersüßen Melodien sorgt dafür, dass die Band genreübergreifend viele Hörer für ihre Platten gewinnt. Da den Anhängern des Indie die Aggressivität Abrahams dann dauerhaft zu viel und den Hardcore-Freunden die Gitarrenarbeit zu poppig ist, bleibt es oft bei einigen Hördurchgängen, bevor die Platte in den ewigen Weiten des Plattenschrankes verschwindet. Vielleicht ein Grund, warum den Kanadiern der richtig große Durchbruch bis dato verwehrt blieb? Dabei besticht auch die neue Platte GLASS BOY mit allen Facetten, die bereits das vorangegangene DAVID COMES TO LIVE zum Meisterwerk machten.
Man sollte nicht den Fehler begehen und GLASS BOY an irgendwelchen Vorgängeralben messen. Dies wird weder den Alben noch dem Künstlerkollektiv Fucked Up gerecht. Vielmehr ist es erstaunlich, dass der fragile, bärtige Hüne Abraham und der eher introvertierte Haliechuck sich trotz aller Widrigkeiten immer wieder zusammenraufen, um derart innovative und tolle Musik zu erschaffen wie auf dem vorliegenden GLASS BOY.
Bevor bei „Echo Boomer“, dem ersten Song der Platte, die Hölle losbricht, wiegen Fucked Up die Hörer zunächst mit einem Kinderklavier als Intro in Sicherheit. Man könnte bei den ersten beiden Songs der Platte den Eindruck bekommen, das Melodiöse ist den neuen Songs abhanden gekommen. Da hat man jedoch die Rechnung ohne Mike Haliechuck an der Leadgitarre gemacht. Schon bei SUN GLASS, aber spätestens bei THE ART OF PATRONS ist sie wieder da, diese einmalige Mischung aus Indie-Gitarren und Hardcore-Geboller. Abgerundet wird das Ganze durch einen Gastauftritt von Dinosaur Jr. Mastermind J. Masics im Song LED BY HAND.
Also, liebe Hörer,
die neue Fucked Up Platte GLASS BOY nicht nach dreimaligem Hören im Plattenregal unter F ablegen, sondern die alten Platten rauskramen und sich an der Wahnsinnsqualität des Ouputs der Kanadier erfreuen! Vielleicht klappt es dann ja hierzulande auch mit dem Durchbruch.
VÖ: 11.05.2014; Matador/Beggars Group (Indigo)
Ohr D’oeuvre: Sun Glass / Paper The House / The Art Of Patrons
Tracklist:
01. Echo Boomer
02. Touch Stone
03. Sun Glass
04. The Art Of Patrons
05. Warm Change
06. Paper The House
07. Det
08. Led By Hand
09. The Great Divide
10. Glass Boys
Gesamteindruck: 8/10