c/o pop in Köln – Menschen, Tiere, Sensationen, zumindestens musikalisch gesehen. Heute Abend wird dies mit drei ambitioniertendeutschen Bands im Gebäude 9 unterstrichen, dem schönsten Hinterhof der Stadt.
Vierkanttretlager haben Ihr Set schon begonnen, als wir dank der KVB zu spät eintrudeln. Wegen des straffen Zeitplans spielen sich die Husumer ohne größere Pausen durch ihr Programm. Sänger Max versucht zwar zwischendurch Luft zu schnappen, gibt aber auf und treibt die Fünf einfach weiter durch den hymnischen, mit Akkordeon und jeder Menge Spaß verfeinerten Indierock. Die Lieder des Debüts DIE NATUR GREIFT AN wie „Drei Mühlen“ oder „Schluss Aus Raus“ werden wie alte Bekannte begrüßt und vom dato halb gefüllten Gebäude abgefeiert. Nach einer schweißtreibenden halben Stunde schließen Vierkanttretlager den Auftritt unter lauter Mithilfe des Publikums mit einer Acapella-Version von „Gib dem Leben keinen Sinn“. Der Gänsehautmoment des Abends.
Danach betritt das Hamburger Trio Trümmer die Bühne, heute verstärkt durch einen Gastgitarristen. In den letzten Wochen erntete das gerade erschienene selbstbetitelte Debütalbum euphorische Kritiken, was wohl der Grund für die sich ausbreitende Vorfreude im immer noch halb gefüllten Gebäude ist. Durchweg wird in der Folge aus vielen Kehlen mitgesungen, was aufgrund der kurzen Zeit, die das Album auf dem Markt ist, überrascht. Verglichen zum Festivalauftritt in Haldern vor zwei Jahren fallen die gewachsene Bühnenpräsenz und das hohe Selbstbewusstsein der Band auf. Sänger Paul – über dem nackten Oberkörper nur Jackett tragend – versucht die Leute durch seine Ansagen in die eigene Euphorie einzubinden, während der Intensitätsgrad und die Bewegungsfreude mit jeder Minute zunehmen. Man merkt der Band deutlich die Lust an, die Songs des Debütalbums vorzustellen. Leider wirken die Songstrukturen auf Dauer etwas eintönig, es werden kaum überraschende Wendungen oder Stimmungswechsel gesetzt. Allerdings sticht auch live die hohe textliche Qualität der Band durch. Weniger theoretisch, als die oft zum Vergleich herangezogenen Blumfeld, verbindet man gemachte Beobachtungen gekonnt mit der Kritik an gesamtgesellschaftlichen Zusammenhängen. Lieder wie „Saboteur“ oder „Revolte“ bleiben sofort im Ohr hängen und verdeutlichen, dass Trümmer keine Band zum Vorbeigehen sind.
Den Abschluss bilden Abby und irgendwie beschleicht einen nach wenigen Minuten das Gefühl, dass diese Band nicht in den Kontext passt. Der Sound und die Bühnenshow des Quartetts kommen viel bombastischer und professioneller rüber als bei den Vorgängern. Man merkt ihnen ihre internationale Bühnenerfahrung an und das Selbstbewusstsein, sich mit Liedern wie „Monster“ oder „Streets“ nicht hinter vergleichbaren britischen oder skandinavischen Acts verstecken zu müssen. So sorgt der Elektropop auch sofort für mehr Bewegung im mittlerweile zu ¾ gefüllten Gebäude. Dies wird dankbar von der Bühne aufgenommen und zurück ans Publikum gespielt. Abby verbinden ihre Mischung aus Elektrobeats und getragenen Synthiewänden eindrucksvoll mit einem immensen Energieaufwand und Spielfreude. Gitarrist und Cellist Tilly springt wie ein aufgewirbelter Flummi zwischen seinen Instrumenten auf und ab, während die Rhythmussektion das Publikum vor sich her treibt. Sänger Filou gibt den sympathischen Slacker und ruhenden Pol im Chaos. Unterstützt werden die Songs von überdimensionierten Videoinstallationen, meist in Schwarz–Weiß gehalten, welche neben der Dynamik auch die Melancholie unterstreichen, die der Musik von Abby inne wohnt.
Nach einer viel zu schnell verstreichenden Stunde, wanken mehr als einige glückliche Besucher aus dem Gebäude, mit den Worten auf den Lippen: „If you want, you can join me!“
Foto: Abby / searchingforabby.com