Da wird das Musikmagazin Visions 25 Jahre alt und lässt sich feiern. Viele sagen etwas lapidar Kraftklub-Konzert dazu, doch in Wirklichkeit ist es ein Festival, bei dem sich auch noch Royal Republic, Thees Uhlmann sowie Marcus Wiebusch dazugesellen. Letzterer eröffnet das Event gegen 17 Uhr in der noch recht spärlich gefüllten Westfalenhalle. Ausverkauft ist es heute nicht, das verraten die zugezogenen obersten Ränge.
Marcus Wiebusch ist als Sänger der Bands …But alive und Kettcar sehr bühnenerprobt, doch beim heutigen Gig will es zwischen ihm und den Zuschauern nicht so recht funken. Dabei gibt er sich äußerst charmant, erzählt kleine Anekdoten, die aber nie zu lang geraten und spielt neben den Songs aus seinem Solodebüt KONFETTI auch je einen Song der anderen Gruppen („Vergiss den Quatsch“ / „Balkon gegenüber“). Der Hamburger Singer-/Songwriter erntet gegen Ende dann doch den meisten Applaus für „Der Tag wird kommen“. Dieses Stück schlug hohe Wellen und fand viel Beachtung auch über das Genre und die Musikwelt hinaus. Es geht um einen schwulen Fußballer, der sich nicht traut, sich zu outen. Aber eben auch, dass der Tag gewiss kommt, bis der erste aktive Spieler es preis gibt, Männer zu lieben. Einen besseren Schlusspunkt kann er nicht setzen.
Nach der Umbaupause geht es weiter mit Royal Republic, der zweifelsohne härtesten Band des Abends, die eine Menge Fans im Schlepptau haben und ordentlich aufdrehen. Jetzt ist deutlich mehr Stimmung in der Halle, denn die schwedischen Alternative-Rocker sind in Deutschland längst kein unbeschriebenes Blatt mehr. Ihre Alben landen auch hierzulande in den Charts und als gelegentlicher Support der Toten Hosen erspielte sich das skandinavische Quartett wohl so manches Herz in Dortmund. Sprechchöre mit „Royal Republic“ gemixt mit rhythmischem Klatschen erschallen in immer kürzeren Abständen in der immer voller werdenden Location. Gitarrenlastiger und rockiger als die übrigen Interpreten des Abends und mit dem Schalk im Nacken, wissen die Vier sehr zu überzeugen und drohen dem Headliner Kraftklub fast das Wasser abzugraben.
Etwas gesitteter geht es dann bei einem Freund unseres Magazins zu: Thees Uhlmann. Den Mann haben wir in den letzten Jahren scheinbar sehr lieb gewonnen, denn über ihn und seine Shows berichteten wir in letzter Zeit gleich mehrfach. Doch die längere Pause kommt bald, denn der Wahlberliner kündigt hier den letzten Gig für längere Zeit an. Etwas tourmüde und abgekämpft wirken er und seine Mitstreiter (bei ihm steht die einzige Frau des Festivals auf der Bühne!) und so erzählt Thees heute Abend verhältnismäßig wenig und spielt Tracks von seinen beiden Alben. Gut, aber eben auch routiniert wie immer.
Inzwischen ist es nach 21 Uhr, als der Headliner Kraftklub aus Karl-Marx-Stadt bzw. Chemnitz seine Show beginnt. Zwei aufgeblasene Hände mit Teufelszeichen zieren die Bühne und sofort rappen und rocken Felix Brummer und Kollegen los. „Hand in Hand“, eine der neueren Auskopplungen ihres zweiten Albums IN SCHWARZ, erklingt zum Start der Show und recht bald schon folgt der Hit „Ich will nicht nach Berlin“. Spätestens da sind alle wach und selbst die „Scheiss Tribüne“- Rufe erstickt der Sänger sofort im Keim. Sympathisch, authentisch und den Fans sehr zugetan gibt sich das Quintett und macht in den 90 Minuten alles richtig. Der Frontmann geniesst ein Bad in der Menge, übt sich in Stagediving und singt auch an anderer Ort und Stelle die ein oder andere Strophe. Längen hat das Konzert zu keinem Zeitpunkt, da die Jungs immer Vollgas geben. Auch Royal Republic lassen sich noch einmal auf der Bühne blicken und covern gemeinsam mit Kraftklub den Ramones-Klassiker „Blitzkrieg Bop“. Und so wird dem Headliner noch eine besondere Ehre zuteil: Sie dürfen als einziger Act der Veranstaltung Zugaben geben. Nach dem Motto „Aller guten Dinge sind drei“ beenden die Jungs mit „Blau“, „Randale“ sowie „Scheissindiedisko“ das Festival.
25 Jahre Vision und nicht unbedingt leise, auch wenn der Sound der Dortmunder Westfalenhalle wegen zu viel Hall einfach stets zu wünschen übrig lässt. Gut war auch, dass irgendwann der Innenraum nicht mehr streng kontrolliert wurde und auch Sitzplatzticketinhaber sich dort breit machen konnten. Für die gute Stimmung war das unerlässlich.