Die vier Schotten von Twin Atlantic sind schon lange kein Geheimtipp mehr. Nachdem sie mit Enter Shikari, Angels & Airwaves und 30 Seconds To Mars auf Tour waren, ging es diesen November auf Headline-Tour durch Europa. Mit im Gespäck: Ihr drittes Album GREAT DIVIDE. Wir trafen Sänger Sam und Gitarrist Barry vor ihrer Show im Kölner MTC.
jmc: Wieso habt ihr „Heart And Soul“ als erste Single vom neuen Album ausgewählt?
Sam: Wir fanden, dass der Song anders klingt als viele unserer älteren Nummern und wir wollten wissen, was die Leute davon halten. Wir dachten, dass er sicher viel Aufmerksamkeit auf die Veröffentlichung des Albums ziehen wird, weil er kontrovers zu älteren Songs ist. Er ist poppiger, aber hat mehr Groove. Viele Menschen verwechseln das uns denken, dass es unser poppigster Song ist, aber es ist eigentlich unser groovigster und unverblümtester Song.
jmc:Was ist euer Lieblingsstück von GREAT DIVIDE und warum?
Barry: Ich würde sogar „Heart And Soul“ wählen; einfach, weil er viel repräsentiert. Wir sind während der Aufnahmen für das Album gegen eine Wand gelaufen und kamen nicht weiter. „Heart And Soul“ war der Wendepunkt. Wir waren alle ein wenig verloren und verwirrt. Als wir den Song aufgenommen haben, haben wir das auf eine für uns sehr unübliche Weise gemacht. Es war alles neu und aufregend. Diesen Song aufzunehmen hat uns alle daran erinnert, warum wir in einer Band sind. Es hat so viel Spaß gemacht und deswegen würde ich diesen Song wählen – weil er viel für das Album und die Band getan hat.
jmc: Das neue Album ist offensichtlich poppiger und mehr dem Mainstream zugetan. Was würdet ihr den Leuten sagen, die meinen, dass ihr dadurch eure Ideal verraten habt?
Sam: Es kommt drauf an, wie du das definierst: Glaubst du, es ist besser, wenn Bands progressiv an sich arbeiten und es so schaffen, dass mehr Leute sie mögen? Oder ist es besser, immer das Gleiche zu machen und immer die gleichen Fans zu haben?
jmc: Wenn ihr tut, was ihr liebt und Musik macht, die ihr mögt, dann ist es gut. Aber wenn ihr es aus den falschen Motiven macht, zum Beispiel um die Medien zufriedenzustellen, dann eher nicht.
Sam: Wir sind sowieso nicht die größte Band der Welt, deswegen sind wir nicht grad dafür prädestiniert unsere Ideale für sowas zu verraten. Das lohnt sich einfach nicht.
Barry: Außerdem können richtige Musikfans sowas meilenweit riechen. Wenn man als Band immer nur darüber nachdenken würde, wie andere die Musik finden könnten, wird man nie etwas erreichen. Wenn man Musik für sich selbst schreibt und dafür eine Leidenschaft hat, dann werden die Leute es auch gebührend honorieren, weil es ehrliche Musik ist. Und das haben wir immer versucht.
Sam: Ja, wir versuchen einfach…Gut zu sein. (lacht)
jmc: Basierend auf Sams Social-Media-Aktivitäten müsst ihr momentan die Zeit eures Lebens haben. Könnt ihr ein paar Highlights nennen?
Barry: Wow, das ist schwierig. Das war ein ereignisreiches Jahr.
Sam: Ja! Also ich fand den Auftritt mit Kings of Leon sehr cool, weil wir vor circa 40.000 Leuten gespielt haben. Das war verrückt.
Barry: Glastonbury war auch super! Die haben uns einige Jahre lang übersprungen und uns dieses Jahr endlich wieder eingeladen. Dann spielten wir auch noch als vorletztes auf einer der größten Bühnen.
jmc: Seht ihr einen Unterschied bezüglich eurer Fanbase oder dem medialen Interesse seit ihr mit 30 Seconds To Mars getourt seid?
Barry: Ich denke, wir haben auch neue Fans gewonnen, was sehr schwierig ist, da 30-Seconds-To-Mars-Fans sehr speziell sind. Die sind sehr leidenschaftlich und feiern 30 Seconds To Mars als ihre ultimative Lieblingsband. Das ist ein ganz anderes Level von Fans. Dadurch, dass ihre Fans aber so musikbegeistert sind, sind wir andersherum aber auch sehr froh, dass sie uns mitgenommen haben. Mit ein paar von den Fans sind wir dann auch in Kontakt geblieben und sie kamen auch zu anderen Shows, was großartig ist.
jmc: Denkt ihr, dass ihr viele Fans habt, weil sie euch als Vorband von einer anderen Band kennen?
Sam: Ja, das ist anfangs auch immer der einzige Weg auf sich aufmerksam zu machen. Man spielt so viele Touren, wie möglich und supportet viele Bands, um dann Fans bei jeder Show zu überzeugen, die uns dann wiederum an ihre Freunde empfehlen: Zehn Fans von der Enter Shikari Show, zehn Fans von der Gaslight Anthem Show… Oder vielleicht bist du auch ein Blink 182 Fan und hast gehört, dass wir mit ihnen gespielt haben. Wir haben es nur geschafft eine Band zu sein und zu bleiben, weil uns andere Bands mit auf Tour genommen haben.
jmc: Sam, ich weiß nicht, ob du es wusstest, aber du bist jetzt ein Sexsymbol. Kurze Anmerkung hierzu: Das ist das erste, was ich im Pressetext gelesen habe: „Sänger und Frauenschwarm Sam McTrusty“.
Sam: (lacht) Schau mich an! Das wusste ich gar nicht und da habe ich auch nie drüber nachgedacht. Es ist natürlich ein nettes Kompliment, aber ich würde das nie über mich sagen. Ich meine, man sieht natürlich zu Bands auf, weil sie gute Musik machen, aber dadurch sieht man ja nicht besser aus. (lacht) Man denkt auch vielleicht, dass sie ein besserer Mensch sind, man stellt sie auf ein Podest, aber wenn man diese Personen kennenlernt, sind es natürlich ganz normale Leute.
jmc: Die nächste Frage wäre auch gewesen, wie es ist, ein Idol für eure Fans zu sein.
Sam: Ich glaube, darin sind wir nicht besonders gut. (lacht) Wie gesagt, waren wir selbst mal in der Situation, Bands als Idole zu betrachten, beziehungsweise sind es immer noch. Es fühlt sich so verrückt an, dass wir das auch für andere sein könnten. Wir sind nun in einer Phase mit unserer Band, in der das tatsächlich der Fall ist und das ist echt cool. Dadurch fühlt es sich an, als würden wir etwas Richtiges und Erstrebenswertes mit unseren Leben anfangen.
Barry: Ja, es ist natürlich großartig zu wissen, dass die Band, auf der dein ganzes Leben aufbaut, auch das Leben von anderen beeinflusst. Wenn unsere Musik ihnen hilft oder sie über die Welt oder bestimmte Dinge nachdenken lässt, dann ist es zwar seltsam, dass wir das geschafft haben, aber zur gleichen Zeit auch großartig, dass es so ist.
jmc: Heute sind die MTV Europe Music Awards in Glasgow. Ist das ein Event, bei dem ihr dabei wärt, wenn ihr nicht auf Tour wärt?
Sam: Nein, wir bleiben uns treu und spielen echte Konzerte für echte Fans. Ich würde zwar hin gehen, weil es wahrscheinlich viel Freisuff und schöne Frauen geben würde, aber ich würde mich eher über die ganze Veranstaltung amüsieren, da solche Events echt seltsam sind. Andersherum würde ich irgendwann in meinem Leben schon gerne mal zu so etwas eingeladen werden und ein Teil einer solchen Veranstaltung sein. So kann ich wenigstens sagen, dass ich es versucht habe. (lacht)
jmc: Vielen Dank für das Interview!
Fotos: Twin Atlantic/Press