Robert Wyatt – ein Musiker, den man eigentlich nicht hoch genug loben kann. Gründungsmitglied der Canterbury-Band Soft Machine, Initiator von Matching Mole (der Name spielt, wenn man ihn französisch ausspricht, auf die zuvor genannte Band an), gefeierter Solokünstler und der Masse doch unbekannt, trotz Kollaborationen mit so unterschiedlichen Künstlern wie Jimi Hendrix (’68), Mike Oldfield (Rock Bottom), Elvis Costello (Nothing Can Stop Us), Björk, Hot Chip oder Anja Garbarek.
Wyatts Leben, das mit der vorliegenden Kompilation abgedeckt werden soll, verlief nie in geordneten Bahnen. Ursprünglich Sänger und Schlagzeuger von Soft Machine und Matching Mole, fiel er zu Beginn der 1970er Jahre während einer Party von einem Balkon und war fortan gelähmt. Im Rollstuhl sitzend war es ihm nun unmöglich, weiterhin Schlagzeug zu spielen. Matching Mole wurden aufgelöst, Wyatt versuchte sein Glück nun als Solokünstler. Dementsprechend liegt der Fokus der vorliegenden Kompilation deutlich auf der Zeit nach seinem Unfall.
CD 1, EX MACHINA, behandelt das Solowerk des bärtigen Musikmagiers. Warum nun ausgerechnet „Moon in June“ vom 1970er-Album THIRD Verwendung fand ist ein Rätsel. Zwar knapp 20 Minuten lang und somit durchaus repräsentativ für seine damalige Band, war es jedoch ausgerechnet dieses Album, auf dem sich der Soft-Machine-Sound langsam in Richtung Jazzrock wandelte, was dann zwei Jahre später Grund für seinen Ausstieg und der Gründung seiner eigenen Band war. Hier wären Stücke von Volume 1 oder 2 sicher passender gewesen. MATCHING MOLE wird mit dem obskuren „Signed Curtain“ bedacht, dessen Text herrlich eigenbrötlerisch daherkommt, „God Song“ vom Nachfolgealbum LITTLE RED RECORD rundet diese Phase einigermaßen repräsentativ ab. Kritik könnte man sicher auch an der Auswahl der Songs vom 1997er-Release SHLEEP und dem jüngsten Werk COMICOPERA äußern. Besonders im Hinblick auf SHLEEP – seinem Album über Schlaflosigkeit – hätte der hiesige Redakteur sich ein weiteres Stück gewünscht, z.B. „Blues in Bob Minor“ oder „Alien“. Das Album ist zu perfekt, um mit nur einem Stück abgefertigt zu werden. Im Hinblick auf COMICOPERA überrascht die Wahl des Stücks ebenfalls. „Just As You Are“ gehört sicher zu den einprägsamsten Songs des Albums, nicht zuletzt durch den wunderbaren Gesang einer Monica Vasconcelos. Und doch: Ein Album auf dem der kommunistische Wyatt im letzten Drittel die englische Sprache zu Gunsten der spanischen verweigert, sollte vielleicht auch durch einen spanischen Song repräsentiert werden.
Die zweite CD, BENIGN DICTATORSHIPS, widmet sich den Duetten und Kollaborationen, die in den letzten Jahren entstanden. Hier findet sich allerlei Seltsames, sei es ein sehr gelungenes John-Cage-Stück oder ein Ausschnitt aus Björks Vokalalbum MEDULLA (Anm.d.Autors: Unbedingt den Surroundmix des Albums hören). Wo Wyatt seine Stimme beisteuert, beginnen Stücke, ein Eigenleben zu entwickeln. So seltsam verschroben sein Timbre auch klingen mag, Wyatt ist immer Herr der Komposition. Auffällig dabei sicher auch die AKtualität seiner Musik, die in der Tat, auch soundtechnisch, ungemein modern klingt und doch teilweise einige Jahrzehnte auf dem Buckel hat.
DIFFERENT EVERY TIME hat seine Macken und doch bietet die Kompilation einen Einstieg in das große Werk des bärtigen Klangmagiers. Für Einsteiger uneingeschränkt zu empfehlen. Passend dazu erscheint auch die Biografie von Marcus O’Dair, die den selben Titel trägt, wie die Doppel CD.
Ohr d’Oeuvre: Signed Curtain / Just As You Are / Free Will And Testament / Experiences No. 2 / The Diver
VÖ: 14.11.2014; Domino Records.
Tracklist:
CD 1: EX MACHINA
1. Soft Machine „Moon In June“
2. Matching Mole „Signed Curtain“
3. Matching Mole “God Song
4. Robert Wyatt „A Last Straw“ (from “Live At Drury Lane”)
5. Robert Wyatt „Yesterday Man“ (from Disc 1 of “EPs”)
6. Robert Wyatt „Team Spirit“ (from “Ruth Is Stranger Than Richard”)
7. Robert Wyatt “At Last I Am Free” (from “Nothing Can Stop Us”)
8. Robert Wyatt “The Age Of Self” (from “Old Rottenhat”)
9. Robert Wyatt “Worship” (from “Dondestan Revisited”)
10. Robert Wyatt “Free Will And Testament” (from “Shleep”)
11. Robert Wyatt “Cuckoo Madame” (from “Cuckooland”)
12. Robert Wyatt “Beware” (from “Cuckooland”)
13. Robert Wyatt “Just As You Are” (from “Comicopera”)
CD 2: BENIGN DICTATORSHIPS
1. Jeanette Lindstrom: „The River“
2. Anja Garbarek „The Diver“
3. Hot Chip „We’re Looking For A Lot Of Love“
4. Epic Soundtracks „Jellybabies“
5. Robert Wyatt “Shipbuilding”
7. Happy End „Turn Things Upside Down
8. Monica Vasconcelos „Still In The Dark“
9. Working Week „Venceremos“ (bossa mix)
10. Phil manzanera „Frontera“
11. Steve Nieve + Robert Wyatt + Muriel Teodori „La Plus Belle Langue“
12. Cristina Dona „Goccia“
13. Nick Mason“Siam“
14. Mike Mantler „A L’abbatoire“
15. Mike Mantler „Sinking spell“
16. Bjork „Submarine“
17. Cage/Steele „Experiences No. 2“
Gesamteindruck: 9/10