Hatten TV On The Radio im Zuge der Veröffentlichung ihres letzten, Grammy-nominierten Albums NINE TYPES OF LIGHT noch den Tod ihres Bassisten Gerard Smith zu verkraften, so sind ähnlich einschneidende Erlebnisse diesmal nicht zu erhoffen. Der Verlust ist zwar intern noch ein Thema – 3,5 Jahre später sind aber längst andere Dinge wieder in den Fokus gerückt.
Und die sind ganz bodenständig: Nein, Indie-Rocker wollen Tunde Adebimpe, Kyp Malone, Dave Sitek und Co. keine sein. Das stellen sie von Anfang an in der Presseinfo klar und ziemlich früh fällt auch dem Hörer auf: Stimmt, sind sie nicht. Die Songs auf ihrem fünften Album SEEDS sind ohnehin viel filigraner als die doch recht indifferente Bezeichnung „Indie-Rock“ vermuten lassen würde.
Mal schwurbelt der Beat, mal pluckern die Synthies, mal tröten die (synthetischen) Bläser zu den immer wieder unwiderstehlichen Gesangsmelodien von Adebimpe und Malone, die manchmal allerdings erst ein wenig Anlauf brauchen, um endgültig in den Gehörgängen sitzen zu bleiben. Und dabei sind die elektronischen Elemente nur ein Teil des Ganzen, selbst wenn sich die New Yorker gerne und ausgiebig dem Synthiepop widmen oder der Indietronica hingeben. Aber dann werden auf einmal plötzlich und unerwartet die verzerrten Gitarren ausgepackt („Winter“, „Lazerray“) – und irgendwie sind TV On The Radio dann doch „Indie-Rock“. Wenn auch nur vorübergehend.
Es sind derweil aber die zwischenmenschlichen Gefühle, die inhaltlich den Takt angeben. Liebe, Beziehungen, Freundschaft – altbekannte Themen, aber in höchster Qualität und kitschfrei herausgearbeitet eine passende Grundlage für den getragenen Falsettgesang Adebimpes, der wie üblich stilbildend das Gesamtwerk prägt.
Ein Album voller Raffinesse und einem Ohr für Feinheiten. Wenn TV On The Radio eines nicht sind, dann vorhersehbar. Und spätestens wenn „Ride“ vom ausufernden Intro in seine wunderbare Melodie wechselt, wird klar: Außer vielleicht vorhersehbar gut.
Ohr d’Oeuvre: Careful You / Could You / Ride / Lazerray
VÖ: 14.11.2014; Universal Music
Tracklist:
01. Quartz
02. Careful You
03. Could You
04. Happy Idiot
05. Test Pilot
06. Love Stained
07. Ride
08. Right Now
09. Winter
10. Lazerray
11. Trouble
12. Seeds
Gesamteindruck: 8,5/10