Vielleicht ist Lüam der Kapitän Ahab der Indielandschaft zwischen Flensburg und Passau; auf jeden Fall sind Findus eine schweißtreibende Partymaschine, deren Konzerte immer wieder durch Hits und Energie überzeugen, so dass man selbst den Alkoholkonsum zwischendurch vergisst.
Samstagabend in der Kölner Werkstatt, überall springen die aufmöblierten Kettenfett-Werbetafeln und -Etiketten dem dankbaren Konsumenten ins Auge. Man ist geneigt dem Marketing nach- und sich ganz dem Lakritzschnapskonsum hinzugeben. Zum Glück reißen Koeter mit „Klima der Angst“ aus der alkoholseligen Lethargie und erinnern an den eigentlichen Grund des Erscheinens. Es spielen zwei der zurzeit spannenderen Bands dieser Republik in dem überdimensionierten Getränkemarkt in Ehrenfeld auf. Dabei ist die Rollenverteilung eigentlich nicht ganz richtig. Befinden sich Koeter in einem etwas reiferen Alter, nehmen sie ein wenig die Rolle der Aufsteiger und Newcomer der Saison ein mit ihrer frisch erschienen Platte CARIBBEAN NIGHTS. Dagegen wirken Findus immer noch ein wenig wie der Fähnlein Fieselschweif on Tour und sind doch schon seit Jahren mehr oder weniger fest etabliert im Indiekosmos. Aber da Alter völlig egal ist außer beim Konsummittelkauf, besinnen sich Koeter ganz auf die Qualität der Songs aus der gerade erschienen Platte, die auch vom ersten Lied an zünden. Songs wie „Fail für zwei“, „Stockholm“ und „Sinnlock“ entfalten ihren ganzen Hitcharakter und animieren das Publikum zu reichlich Abendgymnastik. Vom ersten Lied an wird gepogt und getanzt. Die Band genießt es sichtlich und vor allem der gut abgemischte Sound tut den Liedern und der Gesamtperformance gut. Dies war dem auf dem einen oder anderen Konzert im kleineren Rahmen in der Vergangenheit immer ein größerer Minuspunkt gewesen. Leider werden zum Ende hin die Ansagen immer einsilbiger, was dem Spaß aber keinen Abbruch tut.
Nach kurzer Umbaupause entern Findus die Bühne und spielen sich in den nächsten knapp 70 Minuten durch eine Art „Best Of“ ihrer Alben. Dabei fügen sich die Songs der gerade erschienen EP QUATSCHEREI nahtlos in das Gesamtprogramm ein. Deutlich wird, dass man bei einem Finduskonzert eigentlich zwei Events gebucht hat. Da ist auf der einen Seite die Gesamtband, die ein pulsierendes und raues Partykollektiv ist, welches angetrieben von Schlagzeuger Timo und Bassist Stefan das Publikum gekonnt im Sechzehntel Takt mit Hits wie „Hafencity“,„Vis a Vis“ oder „Gehen im Schnee“ vor sich hintreibt. Das ist auf der anderen Seite Sänger Lüam, der mit seinem rotzigen und teilweise melancholischen Gesang das Gesamtkunstwerk Findus abrundet und zum anderen das große Alleinstellungsmerkmal der Band ist. Unaufhörlich tigert er über die Bühne, umarmt, kuschelt seine Mitstreiter, so dass sie fast erdrückt werden von so viel Liebe und Zuneigung.
Immer wieder versucht er das Publikum zu animieren, mitzufeiern und zu tanzen, so dass es fast überfordert ist von so viel Animation. Zugleich ist er ist auch ein großer Erzähler, Alleinunterhalter und scheinbar eine gewollt einsame Seele, die man auch für sich alleine auf die Bühne lassen könnte und gut unterhalten werden würde. Einerseits gibt er ausführlich Bericht über seine Muskelentzündung, die „noch kein Mensch“ vor ihm hatte, zum anderen sucht er noch Begleitung für seinen anstehenden Urlaub, den er alleine in Köln verbringen will („Kommt dieses ‚Karneval‘ noch oder war das schon?“). Eine Livedatinganfrage im großen Stil. Zum Glück schafft er es aber immer wieder nicht zu sehr ins Erzählen zu kommen und läuft somit nicht Gefahr, die Dynamik aus dem Konzert zu nehmen. Als das Konzert mit dem episch schönen „Mondspaziergang“ endet, steht Lüam selig auf der Theke, zu der er samt Mikro und Mikrokabel durch die ganze Werkstatt gezogen ist und bestellt sich einen Longdrink. Er sieht glücklich aus. Als im Zugabenblock noch der Partycrasher „Feuer in Paris“ rausgefeuert wird, sind dann aber auch alle selig. Ein gelungener, schweißtreibender Abend, an dessen Ende dann doch noch das Kettenfett stand.