Als im Herbst vergangenen Jahres durchsickerte, dass Felix Schönfuss, Ex- Schreier bei ESCAPADO und Frau Potz, mit ADAM ANGST ein neues Projekt in der Pipeline hat, war zunächst einmal eine gesunde Portion Skepsis angesagt. Skepsis, weil Schönfuss‘ Stimme eine dieser Stimmen ist, die man mag oder eben nicht. Skepsis, weil der Bandname ADAM ANGST irgendwie an Herrn Sorge, das unsägliche Soloprojekt von Samy Deluxe, erinnert. Skepsis, weil im Vorfeld des Albums eine Hype-Maschinerie seitens des Labels Grand Hotel van Cleef (GHVC) und mancher Musik Blogs und Fanzines ins Rollen gebracht wurde, dass einem die Allgegenwärtigkeit der Promotion und Vorfreudebekundungen weit vor Veröffentlichung bereits zu viel wurde.
Also alles andere als gute Voraussetzungen, dem Album der Wahlrheinländer vorurteilsfrei entgegenzutreten. Vielleicht ist es manchmal auch gar nicht schlecht, einer Sache skeptisch entgegenzutreten. Umso schöner ist es doch, wenn man wider Erwarten positiv überrascht wird. So geschehen beim Debut Album von ADAM ANGST. Nach mehrfachen Durchläufen muss man nämlich konstatieren, dass jeglicher Hype völlig berechtigt ist. Vor allem textlich haben wir es hier mit dem bis dato besten deutschsprachigen (Genre Schublade bitte selbst mit Inhalt füllen) Album 2015 zu tun und man braucht kein Prophet zu sein, um zu behaupten, dass sich dies bis zum Ende des Jahres auch nicht mehr ändern wird.
Zu gut sind die Texte, in denen Schönfuss nie plump, sondern immer intelligent und manchmal sogar subtil, die gesellschaftlichen Missstände in diesem Land aufzeigt. Dabei ist es interessant zu sehen und vor allem zu hören, wie ADAM ANGST es schaffen, den in diesem Genre so platt getrampelten Pfad der Parolen zu umschiffen, ohne dass ihr Anliegen in irgendeiner Form missverständlich bleibt oder gar in Umschreibungen verloren geht. Viel zu direkt und kompromisslos schreit und keift Schönfuss seine Botschaft in die Gehörgänge der Hörer. Und wem bei seinen Vorgängerbands ESCAPADO und Frau Potz zu viel geschrien und gekeift wurde, dem sei gesagt, dass Schönfuss auf dem selbstbetitelten Debut anscheinend die Freude am Singen entdeckt. Vor allem zum Ende der zweiten Singleauskopplung „Professoren“ erinnert Schönfuss´ Gesang ob seiner Eingängig- und Popigkeit ein wenig an die Ärzte. Eine Weiterentwicklung, die ihm gut zu Gesicht steht.
Die textliche Versiertheit ist aber nicht das Einzige, was dieses Album vom Gros der deutschsprachigen Veröffentlichungen der letzten Jahre unterscheidet. Auch musikalisch gewinnt ADAM ANGST im Vergleich zu Frau Potz deutlich an Facettenreichtum. Man merkt, dass Schönfuss mit Mitgliedern von FJØRT, Blackmail, Schrappmesser, Waterdown und Monopeople Musiker ins Boot geholt hat, die es verstehen, den Songs den richtigen Druck und die nötige Intensität zu verleihen. Gelingt es der Band, die Songs ähnlich druckvoll auf die Bühnen des Landes zu bekommen, dann hat das Grand Hotel eine Band unter ihren Fittichen, die spätestens nach der Festival Saison im Sommer in aller Munde sein wird.
VÖ.20.02.2015 – Grand Hotel van Cleef
Ohr d’Oeuvre: Splitter von Granaten, Professoren, Was der Teufel sagt
Tracklist:
01. Jesus Christus
02. Ja ja, ich weiß
03. Professoren
04. Wunderbar
05. Lauft um euer Leben
06. Was der Teufel sagt
07. Am Ende geht es immer nur um Geld
08. Wochenende. Saufen. Geil.
09. Splitter von Granaten
10. Flieh von hier
11. Altar
Gesamteindruck: 9/10