Neck Deep hauchen Pop-Punk mit ihrer Hardcore-Vergangenheit neues Leben ein. Wir sprachen mit Sänger Ben und Gitarrist Matt über die Zukunft des Genres.
jmc: Ihr habt für eure ersten Aufnahmen ein sehr positives Feedback erhalten. Meint ihr, das liegt daran, dass ihr vorher schon in Bands wart?
Matt: Ja, ich denke das hilft auf jeden Fall. Wir haben gelernt, wie man die Dinge nicht angehen sollte. Und das half uns bei Neck Deep natürlich sehr.
Ben: Grundwissen über das Touren zu haben, zum Beispiel welche Ausrüstung man braucht, hilft auf jeden Fall. Das ist auch ein Punkt, den ich jungen Bands ans Herz legen muss: Überlegt vorher, was ihr brauchen werdet. Lernt, wie ein Verstärker funktioniert und welcher Verstärker wie klingt. UND: Bringt euer eigenes Zeug mit.
Matt: Außerdem müsst ihr kluge Entscheidungen treffen. Wenn ihr eine Show spielen sollt, zu der ihr erst 12 Stunden fahren müsst, und für die ihr fast nichts an Gage bekommt, aber auf der ihr als Headliner auf der Bühne steht – überlegt weise. Man muss gut überlegen, was der Band zu gute kommt und was nicht. Wir haben jetzt zum Beispiel fast ein halbes Jahr kein Konzert mehr gespielt.
Ben: Ja, das ist eine lange Zeit für eine Band. Dann wurde uns diese Tour angeboten und es fühlte sich gut und richtig an, also spielen wir sie. Auf jeden Fall hilft es vorher schon in einer Band gewesen zu sein, aber die ersten Leute die unsere Musik gehört haben, waren Leute, die wirklich Ahnung und Einfluss hatten. Das half natürlich sehr. Aber so oder so muss man überhaupt erst mal gute Songs schreiben.
Matt: Aber natürlich hat es auch viel mit Glück zu tun: Wenn eine andere Band einen Tag zuvor genau so gute Songs veröffentlicht hätte, würdest du jetzt wohl mit denen reden. Es hat also zu tun mit Glück, harter Arbeit und guter Musik.
jmc: Ihr habt eine EP veröffentlicht, die „A History Of Bad Decisions“ heißt. Was waren denn die schlechten Entscheidungen in eurem Leben?
Ben: Lustige, schlechte Entscheidungen. Ein Song auf dieser EP heißt „Up In Smoke“ und er handelt von meiner Mutter und mir und wie ich wegen verschiedenen Gründen aus der Uni rausgeworfen wurde. Das war wirklich eine schlechte Entscheidung meinerseits… Auch wenn es jetzt alles geklappt hat mit der Musik und so weiter.
Matt: Ich finde es ist eine schlechte Entscheidung zur Uni zu gehen! Ich habe wirklich nichts dadurch gewonnen. Geht nicht zur Uni!
jmc: Das könnt ihr doch der Jugend nicht erzählen.
Ben: Oh doch, das werde ich der Jugend erzählen: Geht nicht zur Uni außer ihr wisst zu 100 Prozent, was ihr später machen wollt. Oder ihr müsst zur Universität gehen, um einen bestimmen Job zu bekommen. Wenn man irgendwas im Bereich Video, Filmen, Fotografie und so weiter macht, braucht man es einfach nicht. Dabei geht es nur um die Arbeit, die man außerhalb der Universität macht. Niemand kann dir sagen, wie man Musik schreibt oder wie man einen Film dreht. Scheißt darauf! Das könnt ihr euch alles selbst beibringen.
Matt: Ja, ihr müsst euer Geld nicht in eine teure Ausbildung investieren. Kauft euch lieber Equipment und lernt damit umzugehen. Das ist viel besser als in einem Klassenraum zu sitzen und einem alten Mann dabei zuzuhören, wie er das runter predigt, was er schon seit Jahren verzapft.
Ben: Fast jeder, den wir kennen, ist nicht zur Uni gegangen und hat jetzt ein Superleben oder hat ein Studium abgebrochen, um danach ein Superleben zu haben.
Matt: Ja, ich habe Animation gelernt in der Uni.
Ben: Und was hast du seitdem damit angefangen?
Matt: Nichts! Ich habe es nie wieder gebraucht.
jmc: Pop-Punk feierte in den letzten Jahren ein Revival. Was denkt ihr darüber und was seht ihr für die Zukunft des Genres?
Matt: War der Höhepunkt des Genres nicht um die Jahrtausendwende?
Ben: Ja, schon, aber Pop-Punk lebt weiter in Bands wie All Time Low. Nach der Jahrtausendwende hatte die Musikrichtung einen kleinen Tiefpunkt, aber Bands wie All Time Low und The Summer Set zeigen sehr deutlich, dass sie ihre Wurzeln genau dort haben. Vielleicht eher auf der poppigen Seite, aber die Musikrichtung wird so am Leben erhalten und kommt jetzt genau so zurück wie damals. Ich finde das großartig, weil es immer mein Lieblingsgenre war. Pop-Punk war die Musik, die Musik für mich definiert hat. Sie ist immer noch relevant und die Kids finden immer noch genau so viel Leidenschaft darin und lieben sie wie damals. Wir sind stolz sagen zu können, dass wir immer an die Musikrichtung geglaubt haben und diese Bands immer unterstützt haben. In unserer Musik findet man ja genau so Elemente aus der Pop-Punkmusik von damals.
jmc: Euer Debütalbum „Wishful Thinking“ wurde unglaublich gut aufgenommen. Wie könnt ihr das noch überbieten? Also was können wir bezüglich eures zweiten Albums erwarten?
Ben: Das zweite Album wird auf jeden Fall ein großer Schritt vorwärts. Der nächste Schritt wird es sein, das Album zu veröffentlichen und zu hoffen, dass es den Weg einschlägt, den wir für es geplant haben. Wir wollen immer größere Shows spielen und weiter voranschreiten. Wir wollten nie auf der Stelle treten und uns selbst Grenzen setzen. Wie schon gesagt: Man sollte kluge Entscheidungen treffen, die einen weiterbringen. Wir hätten „A History Of Smart Decisions“ schreiben sollen. Ich meine: Wenn es uns weiterbringt, ein Level aufsteigen lässt und trotzdem unsere Integrität bewahrt, werden wir so weitermachen. Wir wollen konsequent gute Alben schreiben und das wird uns als Band weiterbringen.
jmc: Habt ihr jemals ein unmoralisches Angebot von einem Fan bekommen?
Ben: Ha, ja das habe ich tatsächlich mal. Ich kann stolz behaupten, dass ich noch nie etwas mit einem Fan oder irgendjemandem auf Tour hatte. Ich habe eine Freundin und das schon bevor Neck Deep gestartet hat, also habe ich kein Problem damit treu zu sein, aber einmal in Chicago traf ich Fans nach der Show und ein Fan gab mir einen Zettel. Ich dachte es wäre eine Nachricht an die Band und wollte sie später lesen. Aber nein, es stand drauf: „Hey Ben, wieso findest du nächstes Mal nicht raus, wie tief in meinen Nacken du kommen kannst?“ mit einer Nummer darunter. Ich habe den Zettel sofort weggeworfen. Ich respektiere ihre Kreativität, aber ich respektiere nicht ihre Methoden. Clever, aber wirklich nicht elegant. Ich bin sowieso nicht der Hübsche in der Band, deswegen passiert mir das eher weniger.
jmc: Letzte Worte an die Fans?
Ben: Klar, gerne. Danke, dass ihr unsere Musik hört und danke, falls ihr uns auf dieser Tour mit All Time Low gesehen habt. Wir schätzen das sehr.
Matt: Natürlich auch, wenn vorher schon mal eins unserer Konzerte besucht habt.
Ben: Ja! Wir lieben unsere Fans in Europa und kommen leider nicht so oft, wie wir sollten. Da wir aber nun diese große Tour gespielt haben, und hoffentlich einige neue Fans dazu gewonnen haben, kommen wir hoffentlich öfter. Danke für die Liebe und die Unterstützung, wir schätzen euch sehr. Ohne euch wäre das alles nicht möglich.
jmc: Vielen Dank für das Interview!