Ein Secret Act ist immer für eine Überraschung gut. So auch an Tag 3 des Orange Blossom Specials. Der erste Künstler des Tages erfreut sich immer großer Beliebtheit.
Gisbert zu Knyphausen – seines Zeichens Singer-Songwriter, Gitarrist und die Hälfte von Kid Kopphausen, mit Gespür für glorreiche Phrasen, die einem ein Schmunzeln ins Gesicht zaubern. Scheinbar hat sich sein Besuch rumgesprochen, da sich viele Besucher bereits um 11:30 Uhr auf dem Festivalgelände eingefunden haben. Er freut sich, da zu sein und das sieht man ihm an. Das OBS scheint also auch bei den Künstlern eine ähnliche Zufriedenheit auszulösen.
Im Anschluss steht Leoniden auf der Bühne. Die Band wird bereits im Vorfeld mit großen Tönen angepriesen. Im internen Ranking sei die Band neben AnnenMayKantereit ganz oben auf der Beliebtheitsskala. Als besonders wild und frech werden sie beschrieben. Das einzig „verrückte“ an deren Performance ist eigentlich nur das Umherwirbeln ihrer Gitarren, die erfreulicherweise für keinen Schaden sorgen. Ihre Showeinlage wirkt einstudiert und kommt leider unglaubwürdig daher.
Sea & Air
Weniger inszeniert ist der Auftritt von Sea & Air. Zugegeben ist das synchrone Anzünden eines Räucherstäbchens im Intro das einzige Detail, das im Vorfeld vorbereitet wurde. Das Zwei-Personen-Orchester beweiset, dass sie ein eingespieltes Team sind. Sie spielen gleich mehrere Instrumente gleichzeitig und ergänzen sich nahezu perfekt. Beeindruckend ist es auch, dass Sängerin Eleni Zafiriadou gleich zwei Tonlagen beherrscht. Air (Er), alias Daniel Benjamin, ist zudem der geborene Entertainer. Es braucht ein bisschen Zeit, bis sein trockener Humor beim Publikum ankommt. Ihr etwas düsterer Songwriter-Pop überzeugt hingegen auf Anhieb.
Charity Children
Die Band von besonders großer Beliebtheit ist Charity Children. Der Musikpottpouri aus aller Welt spielt zwar auf der Minibühne, lockt jedoch massig Besucher vor die Bühne. Schließt man die Augen, so erhält man den Eindruck, dass einem Kate Nash gegenübersteht. Obendrein ist es auch schön, Sängerin Chloë Lewer beim Singen zuzuschauen. Besonders erfreulich ist es, dass die Band gleich drei Gigs hat und während der Umbauphasen ihr gesammeltes Repertoire präsentieren. Wiederholungen sind mit inbegriffen. Optisch mimt die Band das Idealbild einer Indie-Folk Band. Fans von Edward Sharpe & The Magnetic Zeroes werden die Musik lieben.
Sea Wolf
The Wood Brothers und Sea Wolf läuten das musikalische Vorabendprogramm ein. Bluegrass at its finest. Die Wood Brüder aus Atlanta stoßen beim Festivalpublikum auf keine taube Ohren. Und wieder einmal sind es die Herren mittleren Alters, die sich bei dieser Band direkt vor der Bühne eingefunden haben. Es ist immer wieder ein Genuss, dieses Ausmaß zu verfolgen. Sea Wolf sind weniger derb und dafür mit sehr viel Gefühl an der Gitarre unterwegs. Bandleader Alex Brown Church kann sich mit seinen zwei weiteren Bandkollegen getrost in die Reihe weiterer namhafter Indierock-Künstler einreihen. Auch seine Stimmfarbe ist besonders schön und angenehm zu folgen. „Young Bodies“ und „Bergamot Morning“ sind ein purer Genuss.
Noch ist nicht aller Tage Abend, immerhin steht noch ein weiterer Künstler sowie der sogenannte „Closing-Act“ auf der Bühne. Kill it Kid sind eine gefestigte und gestandene Band, die an der Stelle im Line-Up genau richtig platziert sind und die volle Aufmerksamkeit aller Besucher verdienen. Die drei Engländer heizen die Bühne gehörig ein. Ihr Stil ist ein Mix aus Grunge/Blues und sattem Rock der sich durch den herausragenden Gesang von Sänger Marc Jones und Stephanie Jean auszeichnet. Die Kombination mit ihrer hohen Stimmlage bildet quasi eine Art Voice-Over und sorgt für das gewisse Extra. Bei „Caroline“ und besonders bei „I’ll be the first“ ist kein Halten mehr und alle hüpfen wild umher.
The Slow Show
Die ersten werden die letzten sein. So ähnlich ist auch die Erfolgsgeschichte von The Slow Show. Sie traten im letzen Jahr auf mehreren Festivals auf, jedoch nicht als Headliner. Wie auch bei Modeschauen ist es eine besondere Aufgabe, ein Festivalwochenende als letzter Act zu beenden. Sie haben es sich verdient. In den Medien wird unlängst der Vergleich zu Nick Cave und The National laut, wenngleich sie musikalisch etwas einzigartiges besitzen. Die Stimme des Bandleaders ist so rauchig und tief, dass man es ihm rein äußerlich nicht zutrauen würde, da er eher zerbrechlich wirkt. Es ist gerade die charismatische Persönlichkeit, die vom Bandleader ausgeht, weshalb die Band so an Sympathie dazugewonnen hat. Nachdem sich die Band mehrere Male für deren Anwesenheit und Support bedankt hat, muss einige Zugaben später das Feld jedoch geräumt werden. Die „Stunde 0“ hat geschlagen. Die Stimmung ist zu diesem Zeitpunkt nicht niedergeschlagen. Hingegen flanieren noch viele Besucher weiter auf dem Festivalgelände umher oder machen es sich im Zeltlager, bei Kerzenschein und Snacks im engen Bekanntenkreis bei einem gemütlichen Restabend bequem. Das sind jene Momente, die gleichermaßen zum festen Bestandteil des OBS gehören. Mit inbegriffen die Vorfreude auf das, was im nächsten Jahr kommen mag. Die Welt wird sich weiterdrehen, wenngleich der Spot schon auf Pfingsten 2016 ausgerichtet wird. „Welt aus. OBS an“ und Augen auf beim Ticketkauf! Weiter so liebes OBS-Team!
Fotos: Juli L.
Hier geht’s zum 1. Tag und auch zum 2. Tag des OBS 2015.
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