Pompös, monumental, einnehmend! Other Lives setzen auf RITUALS ihren Weg fort, jenseits der ausgetreten Folkrock und Indiepop-Pfade und setzen der eigenen Besessenheit ihre Krone auf.
Manche Bands scheinen in ihrer eigenen Welt, in ihrem eigenen Film gefangen zu sein. Auf ihrer letzten Platte TAMER ANIMALS schufen Other Lives monumentale, breit orchestrierte, ein wenig morbide klingende Soundlandschaften, die sich weniger an Popsongs, denn an klassische Kompositionen erinnerten. Die Platte schien geradezu über den Zeitläufen zu schweben. Auch wer das Glück hatte, die Band 2012 auf ihrer Deutschlandtour zu sehen, konnte den Eindruck gewinnen, als bewege sie sich außerhalb der normalen Popkonventionen. Schien sie doch vollkommen in ihrer Musik aufzugehen, fast ein wenig entrückt vom gegenwärtigen Geschehen zu sein. „Every sound, every drum beat has to have some sort of purpose(…)”, geben sie auf ihrer Hompage an. Diese Detailbesessenheit sprach aus jeder Note.
Auf der neuen Platte RITUALS treibt die Band ihre Musikbesessenheit und ihren Perfektionsanspruch in neue Höhen. Fast 60 Songs wurden für die Platte in den vergangenen vier Jahren geschrieben. Die 14 Albumtracks wirken, als sei jedes Detail, jede Nuance durchdacht worden. So sind Tracks wie „For the last“ oder „Easy Way Out“ breit vertrackte Soundgebilde, die den Hörer auf ein endloses Road Movie zu schicken scheinen. Dabei durchzieht eine neue Leichtigkeit die Songs. Waren die Bilder und Stimmungen auf TAMER ANIMALS düster gehalten, verirren sich jetzt zaghafte und hoffnungsfrohe Töne in den Sound der Band, wie in dem wunderbar schwelgerischen „English Summer“ oder das an Alt-J erinnernde „Reconfiguration“. Die Band schafft den Spagat zwischen Breitwandsound und Dynamik besser als auf dem Vorgängeralbum. Einhergehend mit der neuen Leichtigkeit, wird der Sound um elektronische Elemente erweitert, die sich organisch in das Gesamtgebilde integrieren. Für die nötige Erdung sorgt dabei der unaufgeregte, warme Gesang von Jesse Tabish. So schafft es die Band über einen Großteil der Spielzeit, den Hörer in ihren Bann zu ziehen, allerdings nur über einen Großteil. So wirkt der Beginn des Albums ein wenig kraftlos und konfus und gegen Ende entwickeln die Lieder einige Längen. Es wirkt. als sei die Band an einigen Stellen in einem Arrangementwahn gefangen gewesen. So ist es schon eine echte Herausforderung, die ganze Platte am Stück zu genießen.
Other Lives legen mit RITUALS ein tiefgehendes und facettenreiches Album vor, was die gesamte Aufmerksamkeit des Hörers erfordert. Meist wird er durch wunderschön arrangierte Songs belohnt, in denen jedes Detail durchdacht wurde, manchmal muss er jedoch vor dem Facettenreichtum einfach kapitulieren.
Ohr d’Oeuvre:
English Summer / Easy Way out / For the Last
VÖ: 1.5.2015; Play It Again Sam (rough trade)
Tracklist
01. Fair Weather
02. Pattern
03. Reconfiguration
04. Easy Way out
05. Beat Primal
06. New Fog
07. Pyramids
08. Need a Line
09. English Summer
10. Untitled
11. No Trouble
12. For the Last
13. It’s not Magic
14. Ritual
Gesamteindruck:
7,5/10