„Das hier feiern wir heute“, sagt Konstantin Gropper stolz und hält eine Vinylplatte in die Höhe. „Vexations“ heißt das gute Stück und ist sein in zwei Wochen erscheinendes Zweitwerk, das am heutigen Abend in Berlin erstmals live vorgestellt wird.
Diese Platte mag Konstantin auch nicht mehr hergeben: „Nein, das ist meine. Ich krieg auch nur eine, ich bin ja bei nem Indie“ erklärt er augenzwinkernd, als jemand aus dem Publikum sein Interesse bekundet, „Vexations“ jetzt schon sein Eigen nennen zu dürfen.
Das von der Musikpresse in den Himmel hochgelobte Debüt von Get Well Soon „ Rest Now Weary Head You Will Get Well Soon“ schürt große Erwartungen an „Vexations“ und die heutige Vorstellung. Konstantin Gropper und seine fünfköpfige Liveband meistern diese mit Bravour.
Schon die Location passt wie die Faust aufs Auge. Man kann ihn leicht übersehen, den Heimathafen in Berlin. In einer Geschäftsstraße in Neukölln liegt das von außen unscheinbare Theater. Doch drinnen wartet ein atmosphärischer Altbau mit hohen Decken, Stuck und Kronleuchtern. Genau die richtige Location für Get Well Soon also, sein zweites Album heute der Presse, geladenen Gästen und Gewinnspielgewinnern vorzustellen.
Der Abend beginnt etwas verspätet mit einem klassischen Intro und dem ersten Song von „Vexations“: „Nausea“, bevor es mit „Senecas Silence“ weitergeht. Erster Eindruck: Get Well Soons Zweitwerk ist opulent, vielleicht noch opulenter als sein Vorgänger.
Und Melancholisch. Die Melancholie, die schon auf seinem Debüt an jeder Ecke spürbar war, ist auch hier omnipräsent.
Die Themen und Verweise auf „Vexations“ könnten zudem intellektueller nicht sein. Ein Konzeptalbum über den Stoizismus ist es geworden, voller seltsamer Geschichten. Nicht nur Seneca, auch der Untergang des römischen Reiches wird besungen. Und Werner Herzog, dem heute Abend der Song „Werner Herzog Gets Shot“ gewidmet wird.
Aber Get Well Soon zählen nicht nur auf Songs vom neuen Album. Auch ältere, wie „People Magazine Front Cover“ finden sich zwischendurch auf der Setlist wieder und werden vom Publikum begeistert aufgenommen.
Schnell ist man sich jedoch sicher: „Vexations“ steht keinesfalls im Schatten des Debüts, nein im Gegenteil. Die Songs knüpfen da an, wo der Vorgänger aufgehört hat und werden live, trotz einiger technischer Probleme, ganz wunderbar vorgetragen.
Allein mit den Instrumenten, die hier heute zum Einsatz kommen, könnte man schon einen halben Laden aufmachen. Neben den Grundpfeilern Schlagzeug, Bass und zwei Gitarren kommen Keyboard, Geige, Glockenspiele, Zither, Akkordeon und so einiges mehr zum Einsatz.
Und immer wieder ist da der Spannungsbogen zwischen den opulent und laut inszenierten Tönen auf der einen Seite und den leisen, zurückhaltenden auf der anderen. Diesen Spannungsbogen deutet schon die erste Single „Angry Young Man“ an, die eben mit diesen Extremen spielt und zu den Highlights des heutigen Abends gehört.
Der Abgesang an das römische Reich „We Are The Roman Empire“ bildet dann den Schluss des regulären Sets. Jetzt sind alle Songs von „Vexations“ gespielt und so steht die Zugabe ganz im Zeichen der älteren.
Das wunderbare „If This Hat Is Missing I Have Gone Hunting“, das live noch eindringlicher als auf Cd wirkt darf nicht fehlen, genauso wenig wie „Tick! Tack! Goes My Automatic Heart“. Wenn Konstantin singt: „And To The Beat Of My Automatic Heart, You Sing A Song Of Life“, kann man nicht anders als ergriffen vor der Bühne zu stehen, denn in diesem Moment stimmt einfach alles. Nach zwei weiteren Zugaben und gut eineinhalb Stunden Spielzeit verabschieden sich Get Well Soon dann entgültig vom Heimathafen. Schon jetzt lässt sich sagen: „Vexations“ gehört sicher zu den Platten diesen Jahres.
Einen perfekteren Auftritt um das Konzertjahr 2010 zu beginnen hätte es ohnehin nicht geben können.
Setlist:
Intro/ Nausea
Senecas
Silence
People Magazine
We Are Free
5 Steps/ 7 Swords
Voice In The Louvre
Werner Herzog
Listen!
That Love
Aureate
We Are Ghosts
Burial
Angry Young Man
Roman Empire
Hat’s Missing
Tick Tack
Sold My Hands
Lost In The Mountains
ein sehr wohlwollender artikel zu einem eher mittelmäßigem konzert, meines erachtens.
ich hatte das gefühl, da werden zwar viele instrumente aufgefahren, aber so richtig eingespielt sind sie nicht. die female back vocals waren viel zu leise, die geige kam nur teilweise zur geltung. vielleicht hatte ich zu hohe erwartungen, aber ich fand es musikalisch leider nicht überzeugend und bin nach einer dreiviertel stunde gegangen. vielleicht haben die tour-konzerte eine chance gut zu werden, wenn jetzt noch ein wenig geübt wird…