Mit CLAP YOUR FINGERS beweisen Roger & Schu, dass man auch mal fünfe gerade sein lassen kann und trotzdem mächtig Lärm macht. Ist das das Ende vom Blumentopf?
Während Sepalot musikalisch auf Solopfaden wandelt, Cajus ein Strandcafé am Weißensee gepachtet und Holunder seinen Doktor in Physik gemacht hat, haben Roger und Schu nicht die Finger voneinander und der Musik lassen können. Auf 15 Anspielstationen hauen sie dem gemeinen Hörer deshalb eine bunte Mischung aus Beats und Texten um die Ohren und beweisen, dass manchmal statt einer ganzen Handvoll Musiker lediglich zwei Reimebauer ausreichen, um ordentlich Lärm zu machen.
Dies zeigt sich auch durch die Tatsache, dass bis auf Adriano („Deine Jungs / meine Jungs“) niemand anderes textlich Hand anlegte, schon gar nicht die Topf-Kollegen. Doch auch ohne deren Unterstützung bleiben Reminiszenzen an die Hauptband nicht aus, wenn etwa besagtes „Meine Jungs / Deine Jungs“ an Klassiker wie „Liebe und Hass“ erinnert, ohne zu einer bloßen Kopie zu verkommen.
Allerdings schaut CLAP YOUR FINGERS nicht nur in die Vergangenheit. So wartet „Kommt nicht mehr zurück“ etwa mit einem unerwarteten Haftbefehl-Cut auf und „Nazis“ – wenn auch aus aktuell politischen Gründen live in der Schublade gelassen („Ein Lied über Nazis würde bei uns heute anders klingen“) – schien die derzeitige Situation zu antizipieren.
Somit sind Roger & Schu nach Buddy Buxbaum und ASD sowie den Beginnern weitere Recken der alten Schule, die sich wieder aufs freie Feld wagen, ohne jedoch ständig „früher war alles besser“ zu jammern. Nichtsdestotrotz wird hier nicht mit Bitches im Coupé auf das nächste Drive-By-Shooting gewartet, sondern viel lieber mit einer funky und frechen Attitüde die Scheiße gerockt oder Austin Powers zitiert („In bar“).
Insgesamt bleibt zu hoffen, dass sich Roger & Schu mit CLAP YOUR FINGERS neue Türen öffnen werden, ohne dass die Erde im Blumentopf vertrocknen wird.
PS: Zwei Tage, nachdem diese Zeilen geschrieben wurden, gaben Blumentopf ihre Auflösung bekannt. „Wir schalten die Geräte ab, klappen die Reimbücher zu und stürzen die Hip Hop Szene in ein schwarzes, leeres Loch.“
Vielen Dank für die gemeinsame Zeit Roger, Schu, Holunder, Cajus, Sepalot
Ohr d’Oeuvre:
Hochstapler / Funky & Frech / DPM / Hirnverbrannt
VÖ: 18.09.2015 – Showdown Records / Warner
Tracklist:
01. TaktTaktTakt
02. Gettin busy
03. Kommt nicht mehr zurück
04. Nazis
05. Deine Jungs / Meine Jungs (feat. Adriano)
06. In bar
07. Insel
08. DPM
09. Hochstapler
10. Funky & Frech
11. Schieb die Luft
12. Frieden
13. Die Art
14. Auf und ab
15. Hirnverbrannt
Gesamteindruck:
8,5/10