Hauschka – What if
„Oh ein Klavier, ein Klavier…..“ – diese berühmten Worte von Vico von Bülow könnten auch bei der Familie Bertelmann in den 70er Jahren gefallen sein, als der Spross Volker a.k.a. Hauschka seine Liebe für das Tasteninstrument entdeckte. Damals war aber noch nicht abzusehen, dass diese Begeisterung über die klassische Musikausbildung zu so großer Bekanntheit führen würde. Hauschka hat es geschafft, sich immer mehr in den Fokus eines Publikums zu spielen, das nicht zwingend Klassik hört. Aber auch Klassik-Liebhaber zollen ihm Anerkennung. Ende März veröffentlicht er mit WHAT IF sein neues Album.
WHAT IF ist ein wunderschönes, facettenreiches und variables Werk, dem es gelingt den Hörer direkt zu fangen. Eine Veröffentlichung fernab der gängigen Kriterien von Popmusik, die Spass bereitet. Einige Arrangements und Melodien erinnern an die Vertonung eines Filmes. Hauschka schafft es geschickt durch emotionale Ansprache seiner Kompositionen, eine Verbindung zwischen Klassik und Popmusik zu schaffen, die auch genrefernen Hörern den Zugang ermöglicht. Durch die Dynamik und Athmosphäre der Stücke läßt die Platte den Hörer in eigene Spähren abtauchen – Futter für cineastische Breitwandphantasien.
„I Can´t Find Water“ mäandert als ruhiges, sphärisches Stück , das in seiner Eindringlichkeit beeindruckt. Hoffnung, Verzweiflung und nicht Aufgeben werden hier musikalisch zusammengefasst. Die elektronischen Elemente erinnern an Herzschläge. Der Song „I need Exile“ vermittelt, durch einen eher hektischen Rhythmus und die kontinuierliche Angespanntheit einen Druck, der sich fast schon fühlen lässt. Die Dynamik und die einnehmende Klaviermelodie von „Nature fights Back“ erinnert daran, was passiert, wenn sich die Natur gegen menschliche Eingriffe zur Wehr setzt und ihre Stärke zeigt.
Mit WHAT IF veröffentlicht Hauschka ein komplexes und zugleich geschlossenes Album. womit er die Tür zwischen klassischer und populärer Musik weit öffnet.
VÖ: 31. März 2017, City Slang, https://www.hauschka-music.com/
Ohr d’Oeuvre: I Can´t Find Water/ I Nee Exile/ Nature Fights Back
Gesamteindruck: 7,5 /10
Tracklist: I Can´t Find Water/ Constant Growht Fails/ My Kids live on Mars/ I Need Exile/ I Can´t Express My Deep Love/ Nature
(kof)
Soulwax – From Deewee
Die Gebrüder Dewaele – Köpfe und Koryphäen der belgischen Indepentuntergrundmusikkultur – kündigen nach über 13 Jahren ein neues Soulwax-Album an. Die Indierockband hat Ende der 90er Jahre vielleicht die – neben dEUS – stilprägendste Musik aus dem kleinen flämisch-wallonischen Land veröffentlicht und damit weltweit begeistert. Es stellt sich aber die Frage, ob und in welcher Form sie ihren bekannten Stil aufgreifen oder die Einflüsse aus den Veröffentlichungen als 2manyDJ´s in FROM DEEWEE einfließen lassen.
FROM DEEWEE trägz eindeutig die Soulwax-Handschrift, ist aber definitiv kein Indierockalbum. Da haben die beiden Belgier in den letzten Jahren zu viele neue Inputs erhalten und diese konsequent elektronisch umgesetzt. Die gitarrenbasierten Stücke, die am ehesten an die Soulwax-Alben MUCH AGAINST EVERYONE´S ADVICE und ANY MINUTE NOW erinnern, finden sich eher auf dem Soundtrack zum Film Café Belgica wieder, wofür die Dewaeles ebenso federführend waren. FROM DEEWEE ist hingegen die perfekte Symbiose der elektronischen Arbeiten aus Remixen, Alben und Auflegen als 2ManyDj´s mit bewährtem – aber wenig bis gar nicht mit Gitarren umgesetzten – Songwriting von Soulwax. Die Strukturen sind klar zu erkennen, werden aber durch Synthesizer, Beats, Samples, Loops und hier und da klassische Instrumente ausgefranzt und abstrahiert. Das ist eine konsequente Weiterentwicklung auf Basis des gesamten künstlerischen Interesses der beiden.
Als „One Take“ – Aufnahme eingespielt, sind die einzelnen Songs erkennbar, fließen aber ineinander über und brechen die klassischen Strukturen eines Albums auf, was dem ganzen eine gehörige Portion Dynamik verleiht. Der Fokus liegt dabei weniger auf analogen als auf elektronischen Instrumenten. Selbiges spiegelt der Song „The Singer Has Become A Deejay“ als feiner, augenzwinkernder Querverweis wieder und spielt auf die aktuelle Arbeitsweise der „Band“ an.
FROM DEEWEE sollte – ohne ein Stück auszulassen – auch in dieser Form als Ganzes gehört werden. Es bleibt im Ohr und hinterlässt einen ungläubig bis seeligen Blick. Das Album ist gut, eigen und ständig. Es lässt einen nicht in Ruhe, immer in Erwartung der nächsten Überraschung.
Wir empfehlen:
1. FROM DEEWEE anhören, sich darüber freuen, dass es so konsequent die Weiterentwicklung einer Band darstellt und es der Qualität der Musik keinen Abbruch tut.
2. Eines der seltenen Konzerte von Soulwax besuchen und sich an der schier unerschöpflichen Kreativität und Livepräsens der Gebrüder Dewaele erfreuen.
VÖ: 24. März 2017, Play it again sam, https://www.soulwax.com/
Ohr d’Oeuvre: Present Tense/ Masterplanned/ Missing Wires/ Conditions Of A Shared Belief/ Is It Always Binary/ Do You Want To Get Into Trouble/ My Tired Eyes/ Transient Programm For Drums And Machinery/ Trespassers/ The Singer Has Become A Deejay/ Here Come The Men in Suits/ Goodnight Transmission
Gesamteindruck: 8,5/10
Tracklist: : Present Tense/ Masterplanned/ Missing Wires/ Conditions Of A Shared Belief/ Is It Always Binary/ Do You Want To Get Into Trouble/ My Tired Eyes/ Transient Programm For Drums And MAchinery/ Trespassers/ The Singer Has Become A Deejay/ Here Come The Men in Suits/ Goodnight Transmission
(kof)