Le Trouble- Making Matters Worse
Im Grunde könnte man sich die Besprechung von Le Troubles MAKING MATTERS WORSE einfach machen und sie aus einigen Sätzen der Besprechungen kanadischer Bands der letzten Wochen zusammenbasteln. Das würde dem Longplayer der Band aus Montreal allerdings keinesfalls gerecht werden. Es ist aber auch echt ein Kreuz mit den kanadischen Kapellen. Wie stilsicher und qualitativ hochwertig deren Outputs meist sind, ist schon bemerkenswert.
In Kanada ist MAKING MATTERS WORSE bereits im Februar erschienen und da es sich – das sei vorab gesagt – um ein fantastisches Album handelt, war man bei Dock 7 Records in Hamburg der Meinung, man dürfe Europa dieses kleine Meisterwerk nicht vorenthalten. Gut so, denn was das Quintett aus Montreal hier vorlegt, besticht durch eine Hitdichte, die schier sprachlos macht. Dominiert wird die Platte von nervösem Indie Rock, wie man ihn besser nicht mehr seit den Hochzeiten der Arctic Monkeys oder von Mando Diao gehört hat. Auch die Ausflüge in postrockige oder shoegazige Gefilde gelingen, ohne dass der rote Faden verlorengeht. Ob der Band das berufliche Vorleben als Werbe-Jingle-Schreiber von Sänger Michael Mooney und Gitarrist und Songwriter Maxime Veilleux dabei genutzt haben, ist nicht überliefert, wäre aber eine Erklärung für das Talent, derart viele Ohrwürmer zu fabrizieren. Bereits beim Opener „How was I to know“ kostet es eine Menge Überwindung, die Füße still und die Finger von der Repeat Taste zu lassen. Es ist tatsächlich schwierig, bestimmte Songs herauszugreifen, weil das Album – und das ist selten – auf seiner gesamten Länge das Niveau hält. Bemerkenswert ist die stimmliche Bandbreite von Sänger Michael Mooney. Mal erinnert er an Alex Turner von den bereits genannten Arctic Monkeys, mal an Björn Dixgård von Mando Diao und manchmal sogar an Thom Yorke von Radiohead.
Nach den Hochzeiten des energiegeladenen Indie Rocks Mitte der ersten Dekade des neuen Jahrtausends hatte man ein wenig den Eindruck, dass das Genre in einen Dornröschenschlaf gefallen ist. Le Trouble wecken mit MAKING MATTERS WORSE das Genre nicht nur auf, nein, sie treten ihm ordentlich in den Allerwertesten. Hoffen wir, die Indie DJ’s dieser Welt geben der Band eine Chance, denn mit „How was I to know“ wird sich jede Tanzfläche im Nu füllen lassen.
VÖ:03.02.2017(Kanada)/ 09.06.2017, Dock 7, Indica, https://letrouble.bandcamp.com/
Ohr d’Oeuvre: How Was I To Know/ White Knuckles/ Fatal Flaw/ Ghost Surfer USA
Gesamteindruck: 8,5/10
Tracklist: How Was I To Know/ White Knuckles/ Vampires/ Fatal Flaw/ Call You Out/ Easy Enough/ Sad Blondes/ Ghost Surfer USA/ Anywhere But Here/ Fistful Of Glitter/ What Do You Want From Me?
Krälfe – Konserve
Krälfe stecken mitten in der Wachstumsphase. Vom ungeschliffenen Noise Duo, entwickelt man sich zum rohen Post-Punk Act, der seine ganz eigene Spielart auf dieser weiten Spielwiese entwickelt.
Die Krälfe kommen aus Berlin! Klar Berlin – hört man das erste Album des Minimal Noise Duos, welches rein instrumental eingespielt wurde, kann die Band aus keiner anderen Stadt kommen. Hart, Kantig, Brachial und trotzdem verquert. Vieles ist geblieben und Krälfe auf ihrem Zweitling KONSERVE sofort zu erkennen und trotzdem stellt die Platte einen Quantenspung dar. Das liegt daran, dass man das rein instrumentale Konzept erweitert und sich dem Gesang geöffnet hat. Viele der Stücke entwickeln ihre Dynamik und Struktur um die Stimme von Schlagzeugerin Cläre Caspar herum. Möchte der Purist im ersten Moment „Verrat!“ schreien, freut sich der geneigte Post-Punk Hörer, der in der letzten Jahren durch die deutsche Musikszene auf vielfache Weise verwöhnt wurde, über eine neue, rohe Version dieser Spielart, die durch Caspars Stimme ihre ganz eigene, geheimnisvolle Aktzentuierung bekommt. Sie setzt die Stimme als gleichberechtigtes Instrument ein, was manchmal ein wenig gesiterhaft rüberkommt und sie in anderen Songs zur jüngeren Schwester von Siouxsie Sioux macht. Der Sound ist dabei weniger minimalistisch, sondern stets druckvoll und dynamisch und kippt zuweilen wie in „SWKD“ in Metalspähren ab. Insgesamt wirken Krälfe wie die rohere Ausgabe von Bands wie Die Nerven und Friends of Gas. Genauso strukturiert, genauso klar im Sound, aber eben noch etwas verquerter und etwas avantgardistischer in ihrer Herangehensweise. Wobei die Platte ihre besten Momente hat, wenn die Songs klar strukturiert sind und die Band aufgeräumt wirkt. Dann klingen sie fast wie die großartigen Pretty Girls make Graves, was vor allem in der ersten Hälfte bei „WKE“ oder „TGO“ der Fall ist. KONSERVE ist keine Platte für den flüchtigen Flirt, eher die Liebe auf den zweiten Blick, die bleibt.
VÖ: 5. Mai 2017, Tumbleweed Records, https://kraelfe.bandcamp.com/
Ohr d’Oeuvre: WKE / SWKD / FK II
Gesamteindruck: 7,0/10
Tracklist: Intro/WKE/SB 65/ TGO/ FKH 308/ GÄ7/ SWKD/JCS/CDC2/ EKK/KrKrX*5/4 RS/ Bct 24