Die Liga der gewöhnlichen Gentlemen – It´s OK to love DLDGG
Ein beherzter Beat, eine satte Portion Riffs aus dem Northern Soul-Lehrbuch, Orgel, Bläser, Streicher, Chöre und alles geschmückt mit den neuesten Texten aus Carsten Friedrichs´ Almanach der schrägen Vögel und famos erdachten Ansichten. Für das, was die fünf Gentlemen hier abliefern gibt´s im Soulvokabular nur ein Wort: Tight!
Die Vorgängerband Superpunk löste sich vor nun fünf Jahren auf. Was damals als unwiederbringlicher Verlust erschien, stellt sich inzwischen nur als kurzer Rückschlag raus. Die Mod- und Soul-affinen Gentlemen bringen ihr viertes Album raus und etablieren sich damit endgültig als legitime Nachfolger der top old Boys. Im Gegensatz zur 2016er-Platte gehen fast alle Stücken flott nach vorne, eine Pause ist nicht vorgesehen. Schon der Auftakt der Platte macht einen auf dicke Hose und ist musikalisch ungefähr so zurückhaltend als coverten die Stooges das Rocky III-Thema „Gonna fly now“. Es folgt der „Song für Eis-Gerd“ bei dem es um Bier, Schnaps und Speiseeis geht, während Jerry Lee Lewis im Stakkato über das Piano zu turnen scheint. Auch „Liebe wohnt hier nicht mehr“ ist kein Grund zum Anhalten, sondern treibt die Suche einmal quer durch alle Räume, bis zu einem tollen, kleinen Saxophon-Orgel-Duett. Ferner erwarten den geneigten DLDGG-Hörer noch Fortsetzungen der auf den Vorgängeralben bestens eingeführten Themenschwerpunkte: Pechvögel der Pophistorie, skurile Kleinkriminalität und mit „So primitiv“ ein schonungsloser Schmäh-Gesang über „Jack Wolfskin-Jacke ist doch kacke, deutsche Bahn kein W-LAN, alte Riten, Jute-Tüten, all you can eat, Musik ohne Beat“. Hätte genauso gut auf eine frühe The Who-Platte gepasst. Beim gecoverten Popliebhaberstück handelt es sich diesmal um das fluffige „Ballad of the Band“ der britischen Felt, das im Gentlemen-Gewand nochmal knackiger daherrumpelt.
Wer abwinkt und bei IT´S OK TO LOVE DLDGG fehlende Weiterentwicklung moniert, hat entweder nicht zugehört oder beschwert sich im Schwimmbad auch, dass wieder nur Wasser im Becken ist. Das neue Studio hat sich für die Platte ausgezahlt, der Sound ist exquisit und was Vergleichbares ist in der hiesigen Poprocklandschaft eh nicht in Sicht. It´s OK to love DLDGG.
VÖ: 14. Juli 2017, Tapete Records, http://www.diegentlemen.de
Ohr d’Oeuvre: Song für Eis-Gerd/ Liebe wohnt hier nicht mehr/ So primitiv
Gesamteindruck: 8/10
Tracklist: It’s OK to love DLDGG/ Song für Eis-Gerd/ Die Welt braucht mehr Leute so wie dich/ Liebe wohnt hier nicht mehr/ Eine Tragödie kommt niemals allein/ Ballade von der Band/ So primitiv/ Der große Kölner Pfandflaschenbetrug/ Lass uns ins Museum gehen/ Und Pete kämmt die Haare zurück/ To love DLDGG: OK it is!
(tj)
Fights and Fires – Life like a Tourist
Nach stressigen Jahren in der DIY – Mühle und der Rückbesinnung auf das was eine Band ausmacht, nämlich mit guten Freunden Musik zu machen, legen Fights and Fires mit LIFE LIKE A TOURIST ein Album, auf der man der Band Spielfreude und Spaß anhört. Die Hörer dürften das auf den kommenden Livekonzerten spüren.
In den letzten Jahren haben sich die Briten von Fights and Fires verstärkt auf dem Kontinent rumgetrieben und konnten sich mit ihrem schnörkellosen Punkrock eine wachsende Schar an Fans erspielen. Eilt Ihnen doch der Ruf voraus, eine spektakuläre Liveshow zu bieten. Die Songs auf ihrem dritten Album LIFE LIKE A TOURIST haben das Potential zu richtigen Livekrachern zu werden und dürften der Band, die ab Ende Juli auch in Deutschland unterwegs ist, noch einige neue Freunden bescheren . Beim Durchhören der acht Songs, hat man vor dem inneren Auge das Bild von glücklich herumspringenden, schweißgebadeten Menschen schon vor sich. Die Band stößt technisch gekonnt in die Lücke zwischen riffgetriebenem Schweinerock und straighten Punkrock, in der sich nur wenige Vertreter tummeln, wie Spidergawd oder die ehrwürdigen The Bronx und die sich in letzter Zeit wachsender Beliebtheit erfreute.
Selbstbewußt und breitbeinig tritt die Band in den ersten 2/3 der Platte auf. Sänger Philip Cox nimmt mit seinem kehlig-heiseren Gesang kein Blatt vor den Mund und gibt Rechenschaft über zerstörte Abende und gebrochene Herzen. Songs wie „Church Bells“ und „Camping“ sind melodisch und auf den Punkt und machen von vorne bis hinten Spaß. Leider driftet LIFE LIKE A TOURIST im letzten Drittel ein wenig in die Metalcore Ecke ab, die eher an die bösen 2000er erinnert. „Take a Swing at the world“ und „Kibosh“ saufen etwas in vorhersehbaren Songstrukturen und altbekannten Riffs ab, was auch von Papa Roach oder ähnlich Konsorten hätte kommen können. Aber egal, live dürften die Songs trotzdem zünden. Wie gesagt ab Ende November bei uns auf Tour.
VÖ: 14. Juli 2017, Lockjaw, https://fightsandfires.bandcamp.com/
Ohr d’Oeuvre: Hard to dream / Church Bells/ Camping
Gesamteindruck: 6,5/10
Tracklist: Blanquettes Avenue/ Church Bells/ Awkward/ Camping/ Hard To Dream/ Take A Swing At The World/ Kibosh/ Ouija Board
(pd)