Kakkmaddafakka – Hus
Einmal Partylöwe, immer Partylöwe? Kakkmaddafakka haben ihr neues Album erstmals alleine produziert und in einem kleinen Haus in ihrer Heimatstadt Bergen aufgenommen. Herausgekommen ist ein leichtes und differenziertes , allerdings auch partyuntauglicheres Album.
Sechs Jahre sind schon wieder seit dem Durchbruch der Band, deren Name einer Fantasiesprache entstammt und die Bedeutung von englisch party animal bzw. deutsch Partylöwe haben soll, mit der Single „Restless“ vergangen. In den vergangen Jahren hat sich die Kapelle mit ihrer Disco-Indie-Party-Musik und dem leider mittlerweile bei Live-Auftritten abgeschafften skurrilen Backgroundtänzern und -sängern, dem Kakkmaddachoir, einem Namen gemacht. Nun veröffentlichen die Norweger ihr fünftes Album HUS. In eigener Regie aufgenommen und produziert wurde das Album im „nutty professsor Edvards“- Haus in Bergen (der Name ist nach eigener Aussage eine Hommage an den leicht verrückten Nachbarn eines der Bandmitglieder: Professor Edward). Und somit ist nicht nur der Name des Albums geklärt, sondern auch das Titelbild, das gemalt von einem der Frontsänger Axel Vindenes, eben dieses Haus zeigt. Bei der Namensgebung des Albums hatte übrigens auch Erlend Øye seine Finger im Spiel. Der ehemalige Teil der Kings of Convenience, Indie-Patron und Übervater der Bergener Musikszene unterstützte die Band seit Ihrer Gründung, was wiederum zeigt, dass Bergen mit seiner Musikszene und als Heimatstadt des „New Bergen Wave“, zu dem Kakkmaddafakka auch zweifellos zuzuzählen sind, dann doch ein Dorf ist.
Thematisiert wird genau diese Kleinstadtklaustrophobie in „Neighbourhood“: „I`m tired now, everybody knows my name, I wanna get out of here, I wanna run away…“. Das Songwriting-Debut des Kakkmaddafakka-Schlagzeugers Kristoffer van der Pas ist eines der schnelleren Stücke und auch eines der stärksten. Erzählt wird auf HUS, ganz im Kakkmaddafakka-Stil, von Trivialem: Liebe und deren Ende, glücklich sein und erwachsen werden. Aber in so einer mittleren Kleinstadt in Norwegen kann einem Triviales wohl in langen nordischen Winter sehr wichtig vorkommen. Auch die vereinzelt schwachen und nöligen Stimmen von Axel Vindenes und Stian Sævig sind nicht neu. Neu allerdings sind die vielen und sehr gelungenen, ruhigeren Lieder wie „Holding Me Back“ oder „Summer Melancholy“, die den Norwegern ziemlich gut stehen. Ganz vernachlässigen die Disco-Barden ihre Vergangenheit jedoch nicht. Rhythmische Songs und Rasseln („All I Want to Hear (ÅÅÅ)“), die bekannten Indie-„Uuuuhs“(„Blue Eyes“) und Chöre („Boy“) versammeln sich wieder auf dem neuen Tonträger.
HUS ist nun wirklich kein Meilenstein der jüngeren Musikgeschichte, jedoch sehr gefällige Begleitmusik für den nächsten regnerischen Sonntag oder Abend mit Freunden. Die Partylöwen sind zwar ruhiger geworden, aber ihre positive Naivität, die jugendliche Unbeschwertheit und die Lust zu feiern haben die Norweger dennoch nicht verloren. Gut so, die Welt ist schließlich ernst genug. Skål!
VÖ: 10. November 2017, BERGEN MAFIA/ The Nordic Mellow, http://kmfband.com/
Ohr d’Oeuvre: Neighbourhood, Don Juan, Hillside
Gesamteindruck: 6,0 / 10
Tracklist: Neighbourhood / Boy/ Holding Me back / Save Yourself / All I Want to Hear (ÅÅÅ) / Don Juan / Summer Melancholy / Blue Eyes / Games / Hillside
(ml)
Destroyer– Ken
KEN, das dritte Album von Destroyer, ist die ideale Musik für die Soloparty mit sich selbst. Immerhin wird man dabei mit großartiger Musik versorgt.
Wie muss man sich einen Tag im Leben von Dan Bejar aka Destroyer vorstellen? Spätes Aufstehen, dann ein paar dahin geworfene Saxophonakkorde spielen, dann Abhängen am Pool im Zwiegespräch mit Oscar Wilde? Anschließend Zug durch die Restaurants und Bars, um den Mitmenschen in einer Mischung aus Spott und Weltschmerz ein paar Tipps mit auf ihren weiteren Lebensweg zu geben? Führt er also nur das Leben eines distanzierten Beobachters, der nur selten, ganz selten durch eine schnelle Begegnung aus seiner Distanziertheit geworfen wird? Einen solchen Eindruck vermittelt zumindest „Saw You at the Hospital“, vielleicht der akustische Nullpunkt auf KEN, der neuen Platte des Softcrooners aus Kanada. Ansonsten wirkt die Platte wie ein endloser Zug durch das Nachtleben mit zufälligen Begegnungen, die Bejar lakonisch mit seiner dunklen Stimme beschreibt. Der Soundtrack darunter könnte aus dem Manchester Ende der 1980er stammen. Mal erinnert er mehr an eine beruhigte Version von New Order („Sky’s grey“), mal mehr an den Poprave von Bands wie James („Cover from the Sun“, „Tinseltown swimming in Blood“). Allerdings verliert der Kanadier nie die Contenance, lässt sich nie mitreißen von den Melodien oder künstlichen Rhythmen aus der Drummachine. Er erzählt lakonisch seine Geschichten, garniert mit stoischen Synthiebläsern und 80er Jahre Keyboardsounds. Und aus dieser Lakonie nimmt KEN vielleicht seine ganze Stärke, aus dieser Indifferenz gegenüber der Umwelt, die vertont, aber nicht unmittelbar wahr genommen, nicht an sich heran gelassen wird. Ausnahme wie oben bereits beschrieben „Saw you in the Hospital“, ein wunderschönes, analoges Stück Musik, wo es für einen Moment scheint, als würde Destroyer doch von seiner Umwelt berührt werden.
VÖ: 20.Oktober 2017, Merge Records, http://mergerecords.com/destroyer/
Ohr d’Oeuvre: Saw you at the Hospital/ Tinseltown swimming in Blood/ Ivory Coast
Gesamteindruck: 6,5/10
Tracklist: Sky’s Grey/ In the Morning/ Tinseltown swimming in Blood/ Cover from the Sun/ Saw You at the Hospital/ A light travels down the catwalk/ Rome/ Sometimes in the world/ Ivory Coast/ Stay lost/ La Regle du Jeu