Shoreline – YOU USED TO BE A SAFE PLACE
Irgendwas ist da mit Münster und Punkrock. Nicht nur, dass die Grandseniore des münsterländischen Punkrock dort über Jahre ihre Homebase hatten, sondern auch großartige Vertreter des Genres wie Idle Class, Teile von Goodbye Fairyground, Goodbye, old me oder auch ein kleiner Teil von Rowan Oak ihr Unwesen trieben und für eine außerordentlich aktive Szene gesorgt haben. Darüber hinaus sitzt mit Uncle M eines der besten und umtriebigsten Punkrocklabels des Landes in der katholischen Flachlandmetropole.
Mit Shoreline hat Uncle M sich bereits die nächste Punkrock-Hoffnung des Münsterlandes in die eigenen Reihen geholt und damit wieder einmal gutes Gespür bewiesen.
Es gibt Debüt-EPs, denen man sofort anhört, dass die Band hier gerade erst ihre ersten Gehversuche unternimmt. Und manchmal gibt es Debüt-EPs, bei denen die Kinnlade mit jedem Song weiter in Richtung Boden fällt, weil man nicht glauben kann, das man tatsächlich ein Debüt vor sich hat. YOU USED TO BE A SAFE PLACE von Shoreline – am 19.01. bei Uncle M erschienen – gehört definitiv in die letztere Kategorie. Absolut souverän präsentieren die vier Münsteraner ihren dynamischen Midtempo Punk. Die vier Songs der Melodic-Punkrocker führen ein wenig das Sprichwort „es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen“ ad absurdum.
Um ihren Sound zu beschreiben, könnte man jetzt Vergleiche mit Punkbands wie The Menzingers oder The Flatliners heranziehen, doch im Grunde kommt der Sound von Shoreline bereits ohne Vergleiche mit anderen Bands aus. Die mal melodischen, mal rotzigen Gesangsmelodien, einem mal wütend durchgeprügelten und mal vorsichtig und leise bespieltem Schlagzeug und in klassischer Punkrock-Manier verzerrten schnellen Gitarren, spiegeln die sehr persönlichen Themen und Konflikte wider, von denen die Lyrics handeln. Trennung, Ausbruch, zwischenmenschliche Beziehungen und psychische Gesundheit (oder eben auch Nicht-Gesundheit) dominieren die Texte inhaltlich. Niemals aber etwa pathetisch oder gar selbst-mitleidig, sondern reflektiert und voller Energie und Ironie: „My skin and bones whisper, they feel like shit“ (Breakfast (at 5 p.m.))
Einziges Manko der Platte: Es sind nur vier Songs, die viel zu schnell vorbei sind! Hoffentlich lässt das Debüt-Album nicht allzu lange auf sich warten.
VÖ: 19. Januar 2018, Uncle M, http://shorelinepunk.bigcartel.com
Ohr d’Oeuvre: Breakfast (at 5 p.m.)
Gesamteindruck: 8,0/10
Tracklist: Sad Kids to The Front / Recovery / Breakfast (at 5p.m.) / Silent Friend
(at/rl)
Calexico – The Tread that keeps us
Calexico wurden vor über 20 Jahren von Joey Burns und John Convertiton in Tuscon gegründet. Seitdem begleitet uns die Band aus Arizona mit ihrem unverwechselbaren Americana-Sound. Wird die Band mit ihrem 9. Studioalbum diesen wohlbekannten Mix aus Country, Folk, Latino, Jazz und der kräftigen Prise Mariachi weiterhin verfolgen?
Den von Ihnen gesteckten Rahmen erfüllen Calexico mit THE TREAD THAT KEEPS US nicht nur locker, vielmehr sprengen sie diesen durch eine musikalische Horizonterweiterung und übertreffen bestehende Erwartungen locker mit der hier besprochenen Platte – auch ohne das Bonus-Material, welches der Erstveröffentlichung beiliegt. Das gefällige Album besticht durch ein eingängiges Songwriting und eine sehr facettenreiche Instrumentierung. Der Sound auf dem Album ist klar und straight gemischt. Beim Anhören geht einem immer wieder der Vergleich zu dem klassischen Americana-Sound durch den Kopf. Auch den Vergleich gegenüber ihren Konzerten kann das Album standhalten. Die Band schafft es auf THE TREAD THAT KEEPS US die musikalische Bandbreite der Live-Auftritte mit der vorliegenden Studioaufnahme abzudecken. Neben den schon erwähnten Soundelementen finden sich auf dem Album auch (Stadion)Rockausflüge und wunderschöne Popsongs.
Zudem entwickelt das Album mit jedem Hören eine zunehmende Vertrautheit und die Besonderheiten treten hervor, wie z.B. die sehr gezielt eingebundenen Bläser- bzw. Percussion-Sequenzen, die mit zunehmender Spieldauer in den Fokus rücken. Neben Ohrwürmern wie dem Opener „End of the world with you“ oder dem schnoddrigen „Bridge to nowhere“ gibt es wunderbare Indiesongs mit Latino-Elemente wie das bestechende „Under the wheels“ oder „Another Space“. Daneben bleibt das verschroben verspielte „Eyes Wide awake“ im Ohr hängen und lädt dazu ein, sich in den Weiten des Songs zu verlieren.
Als Quintessenz ist festzuhalten, dass dem Album vor einem endgültigen Urteil die Zeit gegeben und es mehrmals angehört werden sollte. Selbiges ist uneingeschränkt positiv und fußt auf der Bandbreite der Songs auf dem Album. Zudem ist es auch Personen zu empfehlen, die bisher wenig Zugang zu (Indie-)Rockmusik mit Latino-Elementen haben. Ein weiteres Argument für THE TREAD THAT KEEPS US ist der „Another Space“, der durchaus Potential für die Songs des Jahres hat……
VÖ: 26.01.2018, City Slang, http://www.casadecalexico.com/
Ohr d’Oeuvre: End of the world with you/ Bridge to nowhere/ Under the wheels/ Another Space
Gesamteindruck: 7,5/10
Tracklist: End of the World with You/ Voices in the Field/ Bridge to Nowhere/ Spinball/ Under the Wheels/ The Town & Miss Lorraine/ Flores y Tamales/ Another Space/ Unconditional Waltz/ Girl in the Forest/ Eyes Wide Awake/ Dead in the Water/ Shortboard/ Thrown to the Wild/ Music Box
(KOF)