30.01.2018, Gloria
Unter einem Himmel, bestehend aus (in wechselnden Farben) illuminierten Schäfchenwolken, beginnen Samuel „Sam“ Ervin Beams IRON AND WINE ihr Konzert im ausverkauften Gloria mit dem grandiosen Song „The Trapeze Swinger“ (der nie auf einem offiziellen Studioalbum erschien). Es geht um eine längst vergangene Liebesbeziehung. Er erzählt in dem Lied davon, wie man weiß geschminkt die Nachbarn zu Halloween erschreckte, wie man zusammen am Haus saß und alle vorbeifahrenden schwarzen Autos zählte. Vielleicht banale Szenen. Aber genau die Erinnerungen, die wieder einfallen und unfassbar traurig und sehnsüchtig stimmen.
Sam Beams Songs sind das musikalische Pendant zu den frühen amerikanischen Mumblecore Filmen. Auf den ersten Blick sind die Filme wie auch seine Songs eher einfach und übersichtlich gehalten. Aber es geht fast ausschließlich um die großen existenziellen Themen und um ihre philosophische Betrachtung.
Das Publikum (beim ersten Song und bei Song zwei – „Last Night“ – konnte man noch einzelne Gesprächsfetzen im Saal vernehmen) ist am heutigen Abend entweder unglaublich diszipliniert oder auf’s Äußerste gebannt. Bei der Darbietung der perfekt aufeinander eingespielten 5-köpfigen Band ist das kein Wunder. Hier sitzt jeder präzise und sanft ausgeführte Trommelschlag, jede gezupfte Saite an der richtigen Stelle.
Und Beam, sei er ganz abgezockter Entertainer oder tatsächlich von dem großartigen Publikum beeindruckt, veranstaltet in dem 900er Saal ein intimes Wohnzimmerkonzert, dessen selbstbewusst und weise gewählte, relativ geringe Lautstärke, perfekt zu den Liedern der Setlist des heutigen Abend passt. Die Rückbesinnung auf die akustische Instrumentierung der ersten beiden Alben war eine gute Entscheidung.
Zum Ende der Show werden bekanntere Songs gespielt. Jedoch verzichtet man auf die beliebte (und funktionierende) Methode, zum Ende eines Konzerts, mit der Zurschaustellung des musikalischen Könnens, durch einen immer lauter werdenden, letztendlich kathartischen Jam, das Publikum zu überwältigen und so einen vermeintlich „befriedigenden“ Abend zu simulieren. Das haben IRON AND WINE nicht nötig. Sie spielen einfach ihre Lieder.