Porches – The House
Wieviel Intimität verträgt Pop, wieviel Popschmalz verträgt Intimität ohne zu Kitsch zu verkommen? Hört man THE HOUSE, die dritte Platte von Porches, dann können die tiefsten Gefühle eine ganze Menge Pop ab und entwickeln das Talent, danach eher den Hörer in Begeisterung zu versetzen, denn in das Tal der Tränen zu stürzen.
Aaron Maine – alias Porches – vermischt in Tracks wie „Find me“ Einblicke in seine scheinbar tief traurige Innenwelt mit luftigen und poppigen Midtempo – Housebeats. Eine Kombination, die – glücklicherweise – den traurigen Inhalt vergessen lässt. Ein Ansatz, klassisches Songwriting, einem Elektro- und Synthiebad zu unterziehen, um es eben nicht wie oft bei rein analogen Singer-Songwritern in einer Selbstmitleidsarie zu versenken, sondern den Hörer lieber mit lupenreinen Pop zu unterhalten. Ein wenig wirkt er dabei wie ein hochgepitchter James Blake. Neben dem angesprochenen „Find me“ funktioniert dies noch wunderbar in „Anymore“ mit seinem Robin Beck Gedächtnis Piano zu Beginn oder in „Wobble“, mit seiner stakkatohaften Melodie. Neben den beatlastigen Stücken, funktionieren auch die intimeren, ruhigeren, welche den oben beschriebenen Ansatz eher kontrahieren. Dabei nehmen Songs wie „Swimmer“ und „Ono“ klassische Folkthemen auf, um sie zu verfremden und als dunkle Synthiegebilde wieder zusammen zu setzen. Dagegen nerven die Stellen, an denen Maine zu sehr dem Zeitgeist, in Form von 80er – und New Romantic – Anleihen, folgt. Abgesehen von den völlig überflüssigen Saxophoneinsätzen, wirken diese Parts eher bemüht und unterbrechen den sonst homogen Flow der Stücke. Egal, Porches geben mit THE HOUSE eine spannenden Ausblick, wohin sich ein klassisch – orientiertes Songwriting unter Einsatz der elektronischen Hilfsmittel hin entwickeln kann.
VÖ: 19.Januar 2018, Domino,
Ohr d’Oeuvre: Wobble/ Find me/ Anymore
Gesamteindruck: 6,5/10
Tracklist: Leave the house/ Find me/ Understanding/ Now the water/ Country/ by my side/Akeren/ Anymore/ Wobble/ Goodbye/ Swimmer/ W Longing/ Ono/ Anything U want
And the golden Choir – Breaking with habits
Tobias Siebert, Mastermind hinter Klez.e, bringt mit BREAKING WITH HABITS das zweite Album seines englischsprachigen Projektes And the golden Choir raus, was den chorlastigen, orchestralen Ansatz des ersten Werkes nahezu komplett hinter sich läßt.
Schon im letzten Jahr überraschte der neue, eher kalte Sound, den Klez.e sich verortet hatten. Statt der gewohnten, instrumentalen Breite, fand eine musikalische Reduzierung auf einen eher nüchternen, anorganischen Wave Sound statt. BREAKING THE HABITS wirkt im ersten Moment auch eher abgespreckt im Sound und in der Dramatik gegenüber dem Debüt ANOTHER HALF LIFE von 2015, lässt man Sieberts Gesang außer Betracht, der fast auf der ganzen Platten, eine höhenlastige, pathosgeladene Schwere an den Tag legt, wie man sie vom Debüt kannte. Statt einer folkigen, warmen Schönheit, überzeugen eher gebreakte Beats und flirrende Synthezier auf der Platte, verbunden mit einigen, reduzierten Ausflügen zum alten, organischen Sound. Experimenteller Elektroindie, statt orchestralen Breitwandsound. Eine Neuausrichtung, die zum Teil aufgeht, nämlich dort wo scheinbar die Großen der Branche Pate standen. So erinnert Siebert vom Gesang teilweise an Thom Yorke, wie im Opener „The Jewelry“. Sowieso scheinen die Indiegötter aus England bei einigen Stücken eine gewisse Inspirationsquelle gewesen zu sein, wobei Siebert dabei die ganze Vielschichtigkeit der Band zum Vorbild nimmt. So erinnert das pianolastige „The Joker“ mit seiner Oboe an die THE BENDS-Phase, andere Songs wie „The Garden“ sind eher der Elekrophase Radioheads oder Yorkes Solowerke zuzuordnen. Bei einigen Songs dagegen scheint er seine Inspiration aus aktuelleren Quellen zu schöpfen, so wirken die folkigen, durch Breaktbeats zersetzten „Stressed Jeans“ oder „Queen of Snow“ wie Remisenzen an den Sound von Alt-J. Das ist alles gut produziert, wobei das manchmal nicht zu der Dramatik von Sieberts Stimme passt. Diese harmoniert eher mit den reduzierten oder analogen Momenten der Platte , wie im Highlight „How to conquer a country“ mit seinem unnachahmlichen Refrain. So zeigt BREAKING WITH HABITS Siebert weiter als Suchenden nach der perfekten Melodie, nach dem perfekten Sound, eine Reise auf der man ihm gerne folgt, auch wenn er orchestral und analog ein wenig überzeugener rüberkommt.
VÖ: 2.Februar 2018, Caroline,http://www.andthegoldenchoir.com/
Ohr d’Oeuvre: How to conquer a land/Joker/The Queen of Snow
Gesamteindruck: 7,0/10
Tracklist: The Jewelry/My lies/ Clocks/ The Queen of Snow/Air Fire Water/ Joker/ How to conquer land/ The Rain/ The distressed Jeans/ The Garden/Into the ocean