Spanish Love Songs – Schmaltz
Hat man das Glück, als Möchtegern-Musikkritiker (mehr dazu hier) Platten besprechen zu dürfen, bekommt man von eben jenen ganz viele und zugegebenermaßen auch ganz schön viel Schrott. Manche werden schon Monate vorher verschickt, manche erst am Tag der VÖ, auf manche freut man sich wie ein kleines Kind, bei manchen verdreht man verächtlich die Augen.
Das neue Album der Spanish Love Songs haben wir schon sehr früh bekommen, uns gefreut wie kleine Kinder und dann festgestellt, wie hart die Zeit sein kann, zu warten, bis die Besprechung endlich, pünktlich zum Release raus kann. Warum die Zeit hart war? Weil das Album seit Wochen auf Heavy Rotation läuft und immer noch wächst und wächst. Ja, es ist Punkrock und ja, es ist per se schon eine schier unlösbare Aufgabe, ein Punkrock Album zu machen, das nicht nach dreimaligem Hören in den Untiefen des Plattenschranks verschwindet und vor allem bei dem man sich sicher ist, dass es in Sachen Intensität, Songwriting und Catchyness in diesem Jahr nicht mehr übertroffen wird. Selbst wenn man diesem Genre ein wenig entwachsen ist, mit SCHMALTZ erwecken die Spanish Love Songs bei jedem alternden Hot Water Music Liebhaber die Punkrock-Lebensgeister im Nu wieder. Startet das Album mit dem Akustik-Intro „Nuevo“ noch recht verhalten, wird spätestens beim zweiten Song „Sequels, remakes and adaptions“ klar, wohin die Reise geht. Dylan Slocums Stimme überschlägt sich so wunderschön, voller Enthusiasmus und Emotionalität, dass man gar nicht anders kann, als den Los Angeles-Fünfer in sein Herz zu schließen. Und wer dann noch Textzeilen wie „I want to find a haircut that fits me that hasn’t been co-opted by Nazis“ auf´s Papier bringt, gehört sowieso zu den Guten.
Abschließend bleibt festzustellen, dass man sich jetzt in aller Ausführlichkeit mit jedem einzelnen Song des Albums auseinandersetzen könnte, man dann jedoch schnell zu der Erkenntnis gelangen würde, dass dieses Album keine Schwächen hat. Man lehnt sich nicht weit aus dem Fenster, wenn man behauptet, die Ahnengalerie der Punkrock Klassiker um Bad Religion’s GENERATOR, NOFX’s PUNK IN DRUBLIC, I DON’T WANT TO GROW UP von den DESCENDENTS, Lawagons HOSS und Hot Water Music’s NO DIVISION bekommt mit SCHMALTZ der Spanish Love Songs einen würdigen Neuzugang.
VÖ: 30. März 2018, Uncle M/Cargo, http://www.spanishlovesongs.com/
Gesmateindruck: 9,0/10,0
Ohr D’Ouevre: Sequels, remakes and adaptions/ Bellyache/ Buffalo Buffalo/ Carl/ The boy considers his haircut/ El nino considers his failures/ Joana, in five acts/ Beer & nyquil (hold it together)/ It’s not interesting
Tracklist: Nuevo/ Sequels, remakes and adaptions/ Bellyache/ Buffalo Buffalo/ Carl/ The boy considers his haircut/ El nino considers his failures/ Joana, in five acts/ Beer & nyquil (hold it together)/ It’s not interesting/ Aloha to no one
(at)
KMPFSPRT – Gaijin
Das neue Album der Kölner Band KMPFSPRT überzeugt weniger durch musikalische Finesse als durch seine Texte, die aktuelle Missstände der westlichen Gesellschaft punktgenau einfangen.
Mit der Deutschpunk-Keule hat man auf GAIJIN den Post-Hardcore vom Hof gejagt, Chöre und rotziges Gitarrengeballere haben jetzt die Führung übernommen. Das ist keineswegs negativ gemeint. Im Gegenteil wird die Wut der Lyrics hervorragend transportiert ohne dabei überzogen oder hoffnungslos zu wirken.
In allen Texten wird deutlich, dass der Albumtitel keinen einsamen Einzelgänger bezeichnen will. Vielmehr sind die “Gaijin” (Japanisch für Außenseiter) all jene, die nicht einfach blind den neusten Trends folgen, sondern die Welt kritisch und differenziert betrachten. Hält man zu all den anderen “Gaijin” ist man stets in guter Gesellschaft.
Mit “Freut euch nicht zu spät” liefern KMPFSPRT wohl den Soundtrack für alle ’Gaijin’ da draußen und stellen fest: Hier draußen haben wir es doch eigentlich viel besser als die “Insider” da drinnen: “Du hast die Rolex/ doch ich hab’ die Zeit”. Auch mit “Trümmer” verpassen die vier Kölner der sinnentleerten Partywelt von vielen jungen Leuten eine wohlverdiente Klatsche: “Tanz, Tanz auf den Trümmern der Welt!” Und mit einem Bild mit Gänsehautpotenzial kriegen die AfD und sogenannte “Besorgte Bürger” in “Herzschrittmacher” gleich auch einen um die Ohren geschleudert: “Die Hölle kommt nicht in Booten, die Hölle, die wohnt hier.”
Tolle Texte! Tolles Album!
VÖ: 30. März 2018, People Like You, http://kmpfsprt.de
Ohr d’Oeuvre: Trümmer/ Freut euch nicht zu spät/ Herzschrittmacher
Gesamteindruck: 8/10
Tracklist: Trümmer/ Schwarz/ Pauken & Trompeten/ Kreuze/ Bilderflut/ Ruhe nach dem Sturm/ Château Migraine/ Asche/ Freut euch nicht zu spät/ Münchhausen/ Herzschrittmacher
(rl)