Der 1927 in Berlin geborene, inzwischen pensionierte Maschinenschlosser Bruno Sukrow hat mit Hilfe einer simplen Animationssoftware, einige in Filmkreisen relativ bekannte Filme produziert. Dass diese anscheinend auch die Visuals des großen amerikanischen Rockmusikers Jonathan Wilson beeinflusst haben, war bis gestern jedoch neu.
Eine gewisse Skepsis war vorhanden. Als Jonathan Wilson und Band den Abend mit „Trafalgar Square“ aus dem neuen Album „Rare Birds“ eröffnen, ist die auch noch nicht ganz weggewischt. Die Band spielt vor einer großen Videowand, auf der diese „Bruno Sukrow like“ Filme laufen. Seltsame Figuren führen Yogaübungen vor seltsameren Hintergründen, oft stürmischen Meeresbrisen, aus. Die Animationen werden noch bizarrer – und das Konzert immer besser. Selbst wenn man kein großer Freund von Wilsons Stimme ist, mit jedem weiteren Song zieht er einen in seinen Bann. Was für ein erbärmlicher Klischeesatz. Aber so ist es. Seiner großen Kunst kann man nicht mit einer kleinen Konzertreview auf die Schliche kommen. An dem Abend passieren die gleichen Dinge, wie auf seinen Alben. Geheimnisse! Wie ein Alchemist setzt Wilson mit Hilfe seiner grandiosen Band, verschiedene Teile der Musikgeschichte zu etwas ganz Eigenem zusammen. Die Perfektion seiner musikalischen Mitstreiter ist dabei anfangs geradezu erschlagend. Kurz bevor sie „Dear Friend“ von seinem Album „Fanfare“ spielen – der ersten Song am Abend der nicht von der neuen Platte ist – kündigt Wilson ihn als Weirdo Folk an. Das Understatement ist charmant. 14 Songs spielt die Band – und wird dabei immer entspannter. Indikator dafür ist unter anderem der sich deutlich entkrampfende Kiefer des Bassisten, der nicht nur optisch an einem wilden 1970er Amirocker erinnert, der gerade dem Film „This is spinal tap“ entsprungen ist. Der Höhepunkt ist die Aufführung des epischen Acid Rock Meilensteins „Valley of the silver moon“. Danach ist Schluss. Nein, sie kommen tatsächlich nochmal für „Moses pain“ zurück. Sicher eins der besten Konzerte des Jahres bisher.