Gender Roles – Lazer Rush EP
Brighton scheint dieser Tage eine der aktivsten Keimzellen für frische Musik von der Insel zu sein. Vielleicht ist es die Nähe zur Musikindustrie Londons, wahrscheinlicher ist aber, dass es gerade arg brodelt in der DIY Szene des schönen Küstenortes.
Mit Gender Roles und ihrer am Freitag den 13. veröffentlichten, zweiten EP LAZER RUSH gibt es nun eine weitere, extrem spannende, hierzulande nahezu unbekannte Band aus UK. Auch wenn sie so gar nicht britisch klingen geschweige denn aussehen.
Nach ihrer ersten EP PLANET X-RAY bringt das Trio um Sänger und Gitarrist Tom Bennett nach ihrem Signing bei Big Scary Monsters nun ihre zweite EP raus. Und die schliesst nahtlos an den Power-Garage Punk des Vorgängers an, mit einigen poppigeren Nuancen. Es sind zwar nur fünf Songs, aber die haben es in sich. Energetisch und druckvoll kommt die Platte daher, mit teilweise naiv verspielten Gitarrenriffs, um einem zum Schluss mit „Teeth“ noch die Grungekeule a là Nirvana um die Ohren zu hauen. Keiner der fünf Songs braucht sich zu verstecken. Herrlich frisch klingen sie alle, trotz ihrer Anleihen aus den 90igern und lassen noch viel von Gender Roles erwarten.
VÖ: 13. April 2018, Big Scary Monsters, https://www.facebook.com/genderrolesuk/
Ohr d’Oeuvre: Teeth/ About Her/ Gills
Gesamteindruck: 8/10
Tracklist: Plastic/ Payrise/ Gills/ About Her/ Teeth
Hinds – I don`t run
Do-it-yourself-Attitüde als Masche: Hinds versuchen auch mit ihrem zweiten Studioalbum I DON`T RUN mit Charme den eigenen (musikalischen) Makel zu zelebrieren. Was noch auf dem ersten Album gelang und authentisch war, kollidiert nun aber mit der harten Realität des dann doch professionell produzierten neuen Albums.
2016 wurde das Debut der Hinds (engl. Hirschkühe) LEAVE ME ALONE begeistert aufgenommen. Rotzfreche, selbstbewusste spanische Gören, die in den Skateparks Madrids abhängen, die Instrumente kaum bändigen können, und sich die Seele über Jungs und Coming-of-Age-Themen herausschreien. Das Album wurde während einer Tour in Do-it-yourself-Manier zusammengeschustert und war so roh und unvollkommen, dass es schon wieder gut, ja eventuell großartig war. Endlich mal etwas Frisches und Neues aus Spanien, nicht gerade der Big Player was Indie-Exporte angeht. Eine Urgewalt im Gegensatz zu dem häufigen britisch-amerikanischem Indie-Genöle.
Zwei Jahre später hat sich Welt weitergedreht, die Band scheint durch ständiges Touren eingespielt und souverän. Bei I DON`T RUN scheint der Makel geplant und gesucht. Produziert wurde das Album nun professionell von Gordon Raphael (The Strokes). Immer noch schreien und singen sich die Hinds schief durch die Lieder, immer noch schrammelt die E-Gitarre im Surfsound, irgendwo zwischen schön zart („To the morning light“) und besonders hart („Tester“). Auf einmal beherrschen die vier Madrileninnen jedoch gut verständliches Englisch, die Lieder sind nach Pop-Schema strukturiert und überlegt durcharrangiert. Die Authentizität bleibt auf der Strecke und Hinds berauben sich so ihrer größten Stärke. Um weiterhin den DIY-Ansatz für sich beanspruchen zu können, findet sich auf dem Album zum Beispiel die mit maximalem Hall unterlegte Akustiknummer „Ma nuit“, die so angestrengt nach selbstgemacht und Tonbandgerät-Aufnahme im Schlafzimmer klingt, dass es künstlicher und gewollter kaum wirken könnte.
So vielversprechend und naturgewaltig die Bandgeschichte der Hinds begann, umso mehr muss man befürchten, dass die jungen Spanierinnen sich im Indiepopgeschäft verlieren. 2017 steuerten Hinds dann auch noch den Titelsong für den spanischen Soundtrack von Disneys „Cars 3“ bei – ach herrje.
VÖ: 6. April 2018, Lucky Number, www.hindsband.com
Ohr d’Oeuvre: New for you
Gesamteindruck: 5/ 10
Tracklist: The Club/ Soberland/ Linda/ New for you/ Echoing my name/ Tester/ Finally Floating/ I feel cold but I feel more/ To the morning light/ Rookie/ Ma Nuit
(ml)