Gloria, Köln – 08. Mai 2018
Donald Trump hat erst wenige Stunden zuvor das Nuklearabkommen mit dem Iran aufgekündigt, als YO LA TENGO „Nuclear war“ von Sun Ra im zweiten Teil ihres überragenden Konzertes covern.
Bereits im ersten, eher leiseren Teil, lässt Ira Kaplan seinen Humor kurz aufblitzen. Bei der Performance des recht minimal arrangierten Song „Ashes“ aus dem aktuellen Album, verlässt er kurz immer wieder seinen Platz um jeweils einmal kurz auf das Becken des Schlagzeugs zu hauen. Apropos neues Album: die Lieder der aktuellen Platte THERE’S RIOT GOING ON, von denen es am heutigen Abend recht viele zu bewundern gibt, gehören zum stärksten Output der Band der 2010er Jahren. Das wird in der Konzertsituation mehr als deutlich. Yo La Tengo sind dafür bekannt dass sie ihre Setlist an jedem Abend deutlich variieren. Aber ihren mit jedem Durchlauf noch mehr faszinierenden Übersong „She may, she might“ aus dem Riot-Album spielen sie auf der aktuellen Tour bisher in jedem Konzert. So auch heute in Köln.
Man muss feststellen: der erste Teil des Konzerts ist wirklich sehr, sehr leise. Dass sie die Chuzpe haben, dass genauso durchzuziehen in – immerhin – einem tausend Personen fassenden Saal, das ist aber schon toll. Für einige Konzertbesucher ist das natürlich nichts. Da wird unruhig gequatscht und damit genervt. Und wenn man die Delinquenten dann bestimmt ermahnt, machen sie sich auch noch lustig. Da muss man kurz an Klaus Kinski denken („Er hat eine Peitsche genommen und ihm in die Fresse gehauen! Das hat er gemacht! – Du dumme Sau!“). Aber ich möchte nicht abschweifen. Als im zweiten (lauten) Teil das wunderbare „Shades of blue“ erklingt, wird es plötzlich ganz leise. Leider fällt die komplette PA aus. Bis es weitergeht vergeht über eine halbe Stunde. So manche Band hätte jetzt vielleicht noch einen akustischen Track gespielt und wäre anschließend von dannen gezogen. Aber nicht die erfahrene Indiebastion aus Hoboken, New Jersey. Sie warten geduldig – und „Shades of blue“ gibt es dann aus frisch installierten Verstärkern. Auch ohne die unfreiwillige Pause kommt die Band heute auf eine Spielzeit von über zweieinhalb Stunden. Definitiv das beste Konzert, dass ich in diesem Jahr bisher gesehen habe.