Ein Verleger aus der Schweiz wollte den beiden Brüdern Ron und Russel Mael aka SPARKS Geld für ihre Mutter Doris Day mitgeben. Dieser hatte anscheinend ein Buch über die 1950er Jahre Ikone und Vorzeige-Amerikanerin herausgegeben und wollte die Veröffentlichung in juristisch sichere Gewässer navigieren. Die exzentrischen Brüder hatten in einem Interview behauptet dass sie die Söhne von Doris Day wären. In der Vorzeit des Internets konnten solche Scherze schon einmal eine etwas längere Haltbarkeit erfahren, als dies heute möglich ist. Nicht das einzige Missverständnis in der inzwischen schon 46 Jahre anhaltenden Karriere der SPARKS.
Viele denken zum Beispiel dass sie eine britische Band wären. Ihr Humor ist tatsächlich nicht sehr amerikanisch. Welche Popband in den 1970er Jahren konnte schon von sich sagen, einen Keyboarder in ihren Reihen zu haben der einen Adolf Hitler Schnurrbart trägt (das Schnurrbärtchen von Ron war eine Hommage an Charlie Chaplin). SPARKS gründeten sich jedoch 1972 in Los Angeles. Musikalisch starteten sie im Glamrock. Im Laufe ihrer Karriere erfanden sie sich mehrmals komplett neu und ließen sich nicht wirklich einem Musikgenre zuschreiben. Der erwähnte spezielle Humor; Russels Falsettgesang und das anspruchsvolle Keyboardspiel von Ron sollten die einzige Konstante in ihrer Karriere bleiben. Ich muss zugeben, dass ich zum ersten Mal, durch den Dauer-Airplay ihres Hits „When do I get to Sing (My Way)“ auf MTV, von ihnen erfuhr. Das konnte jedoch nicht auf das vorbereiten, was ich empfand als ich zum ersten Mal ihr 1974er Durchbruch-Album „Kimono my House“ auflegte. So etwas hatte ich zuvor noch nie gehört. Glamrock mit den humorvollsten und gleichzeitig seltsamsten Texten des Pop und den verrücktesten Harmonien. Eine Art New Hollywood Version der klassischen Musicalnummern. Ihre musikalischen Weggefährten waren unter anderem Tony Visconti, der die beiden Kimono-Nachfolger „Propaganda“ und „Indiscreet“ betreute, sowie der Südtiroler Elektronikpionier Giorgio Moroder, mit dem die Brüder etwas später als New Wave Band neu durchstarteten.
Auch wenn sich in ihrer Diskographie immer wieder unglaubliche Flops befinden – zumindest kommerziell betrachtet – die Film-, Theater- und Kunststudien, mit denen sich die Mael Brüder Mitte der 1960-er Jahren an der UCLA beschäftigten, haben einen deutlichen Einfluss im Werk der beiden Genies hinterlassen. Kein einziges Album ist misslungen. Egal wie absurd die Projekte teilweise in der Theorie klingen, wie zum Beispiel ihr Soundtrack für den Tsui Hark Film „Knock off“ mit Jean-Claude Van Damme in der Hauptrolle oder ein Musical über Ingmar Bergman von 2009. Im Jahr 2008 konnte man sich übrigens davon auch live überzeugen. SPARKS führten nämlich anlässlich der Veröffentlichung ihres 21. Albums „Exotic Creatures of The Deep“ an 21 Abenden in London, erst ihre 20 bisherigen Platten – jeweils eine pro Abend chronologisch und komplett – und dann ihre neue auf. Ihre letzte große Leistung war die Kollaboration mit FRANZ FERDINAND im Jahr 2014. Die Schotten haben wahrscheinlich am meisten von der Zusammenarbeit profitiert. Alex Kapranos kann jetzt sogar live ganz ordentlich singen. Und die letzte Platte war sehr deutlich beim Songwriting von den Sparks beeinflusst.
Am kommenden Mittwoch gastieren die Legenden im Kölner Gloria, um ihr neues Album „Hippoptamus“ vorzustellen. Es gibt bestimmt auch noch einige ältere Hits zu hören. Wenige Restkarten gibt es hier: http://www.noisenow.de/cms/?p=5855