Der Männeranteil beim Publikum liegt bei 95% – das Durchschnittsalter bei 65 – die Ethnie ist wahrscheinlich nahezu 100% kaukasisch. Was bedeutet das? Old White Men Bubble oder heute spielt eine Progressive-Rock Band in der Stadt.
Die Bandmitglieder von KING CRIMSON scheinen jedoch einem Naturvolk oder einem alten Indianerstamm anzugehören. Anders lässt sich ihre Abneigung gegen das Fotografieren nicht erklären. Vor und im Saal befinden sich mehr als genügend Hinweise, dass die Band während und bereits vor dem Konzert keine Smartphones sehen will. Zusätzlich marschieren zu allem bereite Sicherheitsleute mit Taschenlampen durch den Kinosaal, um Querulanten, die es doch wagen ihr Handy zu zücken, mit einer verbalen gelben Karte zu verwarnen. Mein Sitznachbar in seinem DREAM THEATER T-Shirt, der die Eintrittskarte beim Jahrespoll-Gewinnspiel vom Eclipsed-Magazin gewonnen hat (haha), findet das Gebaren auch etwas befremdlich. Dann wird zur Sicherheit (im schrägen Google-Auto-Translation Deutsch) ein Ansage abgespielt, in der nochmal daraufhin gewiesen wird, von wegen man „wolle jetzt gemeinsam eine Party feiern“ und da würde das Fotografieren ja stören.
Dann geht auch irgendwann das Konzert los. Drei Schlagzeuger, Saxophon hinter der Glaswand (für den besseren Sound), alle Bandmitglieder in feiner Abendgarderobe. Das erste Stück „Hell Sounds Of Krim“ kann man auch auf CD hören. Die gibt es exklusiv bei King Crimson im Merchandising während der Tour zu erwerben. Übrigens, man konnte auch ein Programmheft zum Konzert im Vorraum kaufen (10 Euronen). Hätte mich ja schon interessiert was da so drinnen steht. Denn eine Sache muss ich zugeben: ich habe keine Ahnung von dem was hier gerade passiert. Ich kenne vier Studioalben von King Crimson. Mit denen hat das Konzert heute Abend nicht viel zu tun. Bis zum heutigen Abend dachte ich immer THE GRATEFUL DEAD hätten einen unüberschaubaren Katalog. Na immerhin gibt es von KING CRIMSON wahrscheinlich nicht so viele Bootlegs. Man möchte sich überhaupt nicht vorstellen, was die Band mit Raubkopieren macht, wenn man an die Fotoverbote denkt.
Es geht weiter mit „Pictures of a City“ vom 1970er Album „In the wake of Poseidon“. Das kenne ich. Wow! Meinem anderen Sitznachbar scheint es auch sehr zu gefallen. Er trommelt in der Luft die vertrackten Beats absolut synchron mit. Vor dem Konzert wurde angekündigt, dass es garantiert drei Stunden dauern und in der Mitte eine Pause geben wird. Nach gefühlt zweieinhalb Stunden, während des Songs „Radical Action Teil 3“ oder „Radical Action Teil 2“ – bin mir nicht sicher – jedoch sicher vor „Parks‘ Tongues in Aspic Teil 4“, ist es auch bei mir an der Zeit für eine radikale Aktion, bzw. Entscheidung: vor der Lichtburg stelle ich fest dass ich es immerhin 50 Minuten lang ausgehalten habe. Es war schrecklich amüsant – aber in Zukunft ohne mich.