Das At the B-Sites Festival weiß auch bei seiner Zweitauflage zu überzeugen. Beim Betreten des wundervoll übersichtlichen Festivalgeländes im Kölner Jugendpark fällt direkt ins Auge, dass die Hauptbühne – im Gegensatz zum Vorjahr – in diesem Jahr frontal zu den von vielen als Sitzplatz genutzten Treppen platziert wurde. Dies lässt das Ganze ein klein wenig wie ein Mini-Amphitheater wirken. Eine gute Entscheidung. So ist der Platz kompakter und bereits zu früher Stunde recht voll.
Den Anfang machen Lunir. Ruhige getragene Pianomusik, die die meisten sitzend in der Sonne genießen. Im Anschluss hat Hello Piedpiper ein Heimspiel. Mit Band wirkt der Sound Hello Piedpipers druckvoller als bei seinen Soloauftritten. Ein kurzweiliger Auftritt des Kölners, der bei vielen im Publikum gut ankommt. Bergfilm bringen dann nach Hello Piedpiper das Publikum durch ihren erfrischenden ElektroWavePopIrgendwas dazu, die müden Tanzbeine zu schwingen. Obwohl Lunir und Hello Piedpiper wirklich gut waren, fällt an dieser Stelle auf, dass man beim Line Up vielleicht ein wenig mehr Mut walten lassen könnte. So wäre es durchaus vorstellbar, einen Hip-Hop Act oder eine etwas gitarrenlastigere Band zu früher Festivalstunde auf das hungrige Publikum loszulassen. Dass dies bestens bei Laune ist, zeigt sich im kleinen Festivalzelt während der Umbaupause vor Alice Phoebe Lou. Der Silent Choir, ein Kopfhörermitsingkonzert, bei dem ein junger Mann an der Orgel den Takt vorgibt und die Meute im Zelt mit voller Inbrunst Klassiker wie Queens Bohemian Rhapsody oder Mr.Brightside von den Killers zum Besten gibt, gehört zu den absoluten Höhepunkten des gesamten Festivals. Ein wundervoll schiefer und lauter Chor, der die ein oder andere Kurve im Profifußball vor Neid hätte erblassen lassen. Im Anschluss ist Alice Phoebe Lou zunächst etwas überfordert mit der speziellen Situation eines Kopfhörerkonzertes, findet aber im Laufe ihres Auftritts immer größeren Gefallen daran, was sich auch auf das Publikum niederschlägt. Ein schönes Konzert, bei dem sich der Platz vor der Bühne gegen Ende, in Vorfreude auf den Headliner Giant Rooks, bereits merklich füllt. Die Jungspunde aus Hamm haben es dann im Anschluss leicht, das Publikum auf ihre Seite zu bringen. Sympathisches Auftreten, gute Songs, große Spielfreude und eine unglaubliche Perfektion sind die Zutaten, die dieses Konzert zu einem ganz besonderen machen. Der inzwischen proppenvolle Platz ist begeistert und bittet die Band hartnäckig, aber bestimmt, zu einer Zugabe zurück auf die Bühne. Man darf gespannt sein, wann es endlich soweit ist und Giant Rooks ihren langersehnten ersten Longplayer veröffentlichen. Halten sie auch annährend das Niveau ihrer EP und der Live-Auftritte, dann kann man Großes erwarten.
Isolation Berlin haben danach dann das Pech, dass für den Großteil des Publikums augenscheinlich Giant Rooks der Headliner des Tages war. Anmerken lassen sich die Berliner dies aber nicht und spielen zum Abschluss des Festivals ein solides Konzert – irgendwo zwischen aktuellem Deutschpunk und Tocotronic in ihrer mittleren Schaffensphase.
Im Anschluss an die Konzerte findet im Zelt noch die Aftershowparty mit Daniel Rade aka Damned Dan (Getaddicted), MikeMaikMeik & Frank Schampus (SchereSteinPapier) statt. Leider ziehen es viele Besucher vor, die Heimreise anzutreten. Ein Fehler, wie all diejenigen, die noch bei der Aftershowparty waren, sicherlich bestätigen können. Spätestens hier löst sich bei wahrscheinlich jedem Zweifler die Skepsis, ob Silent Discos oder -Konzerte funktionieren, in Luft auf. Völlig absurd, aber unglaublich unterhaltsam, ist es, wenn fremde Menschen auf Musik, die sie mittels eines Kopfhörers hören, singen und tanzen. Die DJs feuern einen Hit nach dem nächsten in die etwas dezimierte Menge und diese lässt sich nicht lange bitten. Ein toller Abschluss, der sicherlich viel mehr Publikum verdient gehabt hätte.
Alles in allem ist das At the B-Sites Festival eine absolute Bereicherung am Kölner Festivalhimmel. Abgesehen von kleinen organisatorischen Schwächen wie der viel zu geringen Anzahl von Food-Ständen, war die zweite Ausgabe des Festivals ein großartiger Abschluss der Festival- und At the B-Sites-Saison 2018. Bis zum nächsten Jahr im September im Jugendpark.