Der Hambacher Forst bleibt vorerst stehen und trotzdem haben Braunkohlebagger ihre Berechtigung. Zumindest eine musikalische, glaubt man der neuen EP ABBRUCH.
Der Bandname lässt entweder darauf schließen, dass die Musiker ein Abo beim Zeitgeist haben, einfach zur richtigen Zeit am richtigen Ort sind oder der Bandname gar nichts mit der aktuellen Diskussion zu tun hat. Da Braunkohlebagger aus Teilen unserer Lieblingsbands Leitkegel, December Youth, verstärkt um Mitglieder von Depart, bestehen, tendieren wir per küchenpsychologischer Ferndiagnose zu einem eindeutigen Unentschieden.
Spätestens, wenn Leitkegels Daniel Schnaithmann in Endlosschleife singt „Wir machen keinen Frieden mit Euch“, da die Welt mehr oder weniger nur von Gier regiert wird, ist klar, dass es sich ABBRUCH keinen konsensorientierten Musikansatz beinhaltet, sondern der zeit- und gesellschaftskritische Ansatz der Hauptbands fortgesetzt wird. Das spricht nicht gerade für eine zufällige Namensgebung. Trotzdem verfolgt man die Textansätze auf der EP und die musikalische Tiefe, würde so eine plumpe Namens Herleitung dem ganzen nicht gerecht. Dem Quartett hört man ihren Post-Hardcore Hintergrund an, aber vor allem den Willen neue musikalische Räume zu vermessen. So entsteht ein experimenteller Mix aus Punk, Postcore, Stoner und in Ansätzen Progrock. Will der Opener „Endlosschleife“ noch relative straight den verwaisten Escapado Thron stürmen, bestechen die restlichen Songs durch eine Mischung aus süßlichen Refrains („Herz“) sowie geschradelten Noise- und Metalparts. Insgesamt eine Mischung, die den Bogen von Die Nerven, über Grand Griffon bis zu Adam Angst spannt. Vor allem „Herz“ und „Wochenende“ sind mit ihren melodischen Refrains und Gitarrenwänden, kleine Hits mit denen sich Braunkohlebagger locker in die Liga der oben genannten Bands spielen. Dabei versprühen die Songs eine Leichtigkeit und Geschlossenheit, die den meisten Bands abgeht. Es macht Spaß und wird versüßt – wie oben bereits erwähnt -durch die gewohnt launisch-zynischen Texte von Leitkegel Sänger Daniel Schnaithmann, in denen das hirnlose Konsumieren („Zeichen“) genau wie die neue Rechte („Ameisenhaufen“) unter Beschuss genommen werden. Braunkohlebagger ist das richtige Aufputschprogramm für den Diskurs im Hambacher Forst genau wie im Supermarkt und eine richtige Keule, die durch die in letzter Zeit manchmal arg selbstreflexive Deutschpunkwelt schwingt.
VÖ: 10.8.2018, Eigenvertrieb/ Bandcamp, https://www.facebook.com/braunkohlebaggeristgut
Ohr D’Ouevre: Herz/ Wochenende/Endlosschleife
Gesamteindruck: 8,0/10
Tracklist: Endlosschleife/ Ameisenhaufen/ Herz/ Wochenende/ Zeichen