Linie halten und weiter machen auf hohem Niveau! Das sechste Album von CliClickDecker AM ARSCH DER KLEINEN AUFMERKSAMKEITEN entdeckt wieder die Alltagsgeschichten hinter dem Alltag und verleiht diesem eine magische Tiefe.
„Ich habe hier mal was vorbereitet für meine Todesanzeige…“ („Läuft es eher daneben“). Es sind zwischendrin diese Zeilen auf dem sechsten Album AM ARSCH DER KLEINEN AUFMERKSAMKEITEN von ClickClickDecker, die einen kurz hochschrecken lassen. Die Band verfügt über eine leichtfüßige Lakonie, aus der heraus sie mit kleinen, kryptischen Geschichten auf die gegenwärtige Hysterie reagiert und sich nicht aus der Ruhe bringen lässt. Damit schafft es die Band, dass der Hörer kurz innehält, um über sich selbst zu schmunzeln. Sei es über die eigene Zögerlichkeit im Entscheidungen treffen („Bielefeld“) oder die unangebrachte Schüchternheit („Zwei Klettergerüst“). Auch hätte man wohl einen pathosgeladenen Protestsong gegen Gentrifzierung schreiben können, die Hambuger dagegen beschreiben in „Palmaille“ das selbstgeschaffene Idyll an der S-Bahn, dessen Ende sich unterschwellig wegen der drohenden Sanierung angkündigt. ClickClickDecker beleben die großen Fragen mit melancholischen Alltagsgeschichten.
Eine Herangehensweise, welche die Band auf ihrem letzten Album ICH GLAUB DIR GAR NICHTS UND IRGENDWIE DOCH ALLES zur Meisterschaft trieb mit wunderschönen Arrangements über ihren Neofolk und Indierock. Ähnlich detalliert gehen sie auf der neuen Platte vor, für deren Aufnahme sie sich wieder in eine ehemalige Dorfschule in Nordfriesland zurückzogen, wenn auch vielleicht die Experimentierlust etwas runter geschraubt wurde zugunsten einer Direktheit, die sich in den wenigen, schnelleren Stücken wie „Minutenklopfer“, „Festschwimmen“ oder dem angesprochenen „Bielefeld“ ausdrückt. Eine gute Mischung, dass der Hörer nicht ganz versinkt in dieser Mischung aus nordischer Schwermut und Lakonie. AM ARSCH DER KLEINEN AUFMERKSAMKEITEN ist sicherlich eine Platte, die ihre Aufmerksamkeit einfordert wie ein alter Seebär. Lässt man sich erstmal auf seine Unerschütterlichkeit und Ruhe ein, lässt die ganze Alltagshektik draußen, wird man mit wunderbaren Geschichten belohnt. Alle Fans werden begeistert sein und alle die einfach mal eine wunderschöne Indiepopplatte hören wollen zwischen S-Bahngleis und Deich, sei die Platte auch ans Herz gelegt.
VÖ: 16.November 2018, Audiolith Records, http://www.clickclickdecker.de/
Tracklist: Mandelika/ Läuft es eher daneben/ Bielefeld/ Stoßlüften/ Palmaille/ Minutenklopfer/ Schreckmensch/ Festschwimmen/Zwei Klettergerüst/ Wie wenn Du nicht mitkommst/ Liebchen/ Zub
Ohr d’Oeuvre: Bielefeld/ Palmaille/ Zwei Klettergerüst
Gesamteindruck: 8,0/10