Die Geschichte seiner persönlichen Odyssee, die BETTER PERSON auf der Reise zu seinem Support-Konzerttermin am heutigen Abend im Dortmunder FZW erlebt hat, ist wahrscheinlich für ihn selbst überhaupt nicht so amüsant gewesen, wie für das schmunzelnde Publikum im gut gefüllten FZW. Vor drei Tagen noch in Los Angeles, dann über Copenhagen (schreibt sich mit K – oder?) nach Köln. Dort keine Kohle, bzw. funktionierende Kreditkarte mehr. Fünfstündiger, mittelloser Aufenthalt in einer McDonalds Filliale. Beim Drehen einer Zigarette – für eine darum bittende Person (wahrscheinlich nicht aus der Oberschicht) – wird ihm von dieser auf seine Schuhe uriniert. Immerhin keinen Schmiersuff (hoffentlich).
Aber jetzt zur Musik. Nein, erstmal ganz oberflächlich zum Äußeren. BETTER PERSON steht da oben auf der Bühne des FZW etwas verloren. In schwarzer Anzughose und weißem Hemd, mit zurückgegeltem Haar, in dem Style wie das früher Kai Diekmann oder Joseph Goebbels getragen haben… nein – nicht ganz. Ein neuer Versuch: BETTER PERSON sieht auf der Bühne aus, als hätte ein junger Helge Schneider sich an den beiden genannten Personen bei seinem Bühneoutfit und seinem Make-Up orientiert, um so New Romantic Miniaturen mit Hilfe eines Halbplaybacks aus dem Handy und etwas Hall auf dem Mikrophon vorzutragen. Hört sich gut an? Ist es auch. Für fünf Minuten. Danach ist es ziemlich langweilig. Das Songwriting ist einfach zu substanzlos. Da gibt es talentiertere Ironiker.
Nachdem der Spuk vorbei ist, kommen auch schon MOTORAMA – inzwischen nur noch in 3er Besetzung – auf die Bühne. Der Tourschlagzeuger Oleg Chernov nimmt mit Kopfhören hinter seinem minimalistischen Drum-Set Platz. Er wird heute einen sehr guten Job machen – und für ordentlich Druck sorgen. Spätestens mit dem zweiten Stück „Wind In Her Hair“ – bei dem live Bassgitarre gespielt wird – haben MOTORAMA das Publikum für sich gewonnen. Live Bassgitarre zu spielen ist eigentlich nichts ungewöhnliches auf einem Rockkonzert. Heute kommen anscheinend einige der Instrumente und Sounds die man hört aus der Konserve – mal eine Bassspur, mal ein Loop. Dass die Instrumente physisch nicht anwesend sind, tut der sehr guten Stimmung keinen Abbruch. Im Gegenteil. Vladislav Parshin ist durch die kleine Besetzung sehr präsent auf der Bühne. Ebenfalls nicht von Nachteil ist, dass die neuen Songs der aktuellen Platte „Many Nights“, in der Livevariante nochmal deutlich an Schärfe und Kontur gewinnen.
Von den rund zwanzig Songs, die MOTORAMA am heutigen Abend spielen, stellt das neue Album den Löwenanteil – und es funktioniert prächtig. Aber nur bei „Ship“ oder „Alps“ – vom gleichnamigen Debüt werden Fäuste gen Himmel gereckt. Das wird man heute Abend – bei den letzten Songs des kurzweiligen 90 Minuten Sets – noch häufiger sehen.
Machen wir uns nichts vor: MOTORAMA sind eklektische JOY DIVISION Epigonen. Das sind INTERPOL ebenfalls (jedenfalls als sie noch relevant waren). Das Songwriting von MOTORAMA ist jedoch deutlich stärker, als das der New Yorker Kollegen. Das ziehen die Gesetze des Kapitalismus. Amerikanische Plattenfirmen wie Matador oder Capitol generieren eben mehr Aufmerksamkeit und haben mehr Marktdominanz, als russische Eigenveröffentlichungen. Dafür können wir MOTORAMA in einem sehr schönen Club mit einem äußerst sympathischen Publikum erleben – und eben nicht in einer unpersönlichen Mehrzweckhalle mit den üblichen Bratwurstigen.
Insgesamt ein sehr gelungener Konzertabend.
Die Playlist vom Konzert ist unter Vorbehalt zu genießen. Ganz sicher bin ich mir diesmal nicht. Als Entschuldigung: mir wurde vor dem Konzert leider ein sri-lankisches Restaurant in Dortmund empfohlen. Deswegen war ich nicht durchgehend im Konzertsaal anwesend.