Damals im sechsten Schuljahr – im Jahr 1988 – schauten wir voller Neid und Bewunderung auf den Parkplatz und Eingang zur Sekundarstufe 2. Wenn nach Schulschluss die verwegenen männlichen Oberstufenschüler mit ihren Motorrädern per Wheelie die Peter-Neuenheuser-Straße in Leverkusen-Opladen herunterrasten, wahrscheinlich einem aufregenden Nachmittag hingegen, der auf sie mit Dosenbier und amourösen Abenteuern wartete, träumten wir von einem anderen Leben. Die Realität der Motorrad-Gangmitglieder war wahrscheinlich eher wie das Setting eines Ken Loach Films – gut – mit deutlich wohlhabenderen Protagonisten.
Insgeheim waren aber andere, noch unerreichbarere Personen viel interessanter: die schönsten Mädchen der Oberstufe, die mit einem HOUSEMARTINS-Album unter dem Arm das Gebäude betraten. Auf dem Cover der Post Break-Up Greatest Hits LP „Now That’s What I Call Quite Good“ schauten vier Jungs in unserem Alter, abgebildet auf einer Schwarzweißfotografie, mindestens so sehnsuchtsvoll – wie wir auf die älteren Mitschülerinnen – auf den Eiffelturm und ein Fantasiewelt-Paris, dass sich mit seinen unbegrenzten Möglichkeiten unter dem Bogen des weltberühmten Bauwerkes vor ihren Augen ausbreitete.
Die Musik auf der Platte war luftiger und testosteronfreier Indiepop – ohne dass wir damals gewusst hätten, was das wäre. Paul Heaton – der Leadsänger der HOUSEMARTINS gründete kurze Zeit später die Band THE BEAUTIFUL SOUTH. Deren Debüt gefiel uns auch sehr gut. Aber das war ja dann schon etwas später – und die Musik für pubertierende Mittelstufenschüler nicht mehr ganz so cool. Gegenüber den damals favorisierten BAD RELIGION Platten ist das Werk von Paul Heaton jedoch deutlich besser gealtert (sehen einige Redaktionskollegen sicherlich anders).
Morgen Abend präsentiert der britische Musiker seine großen „kleine Popkunstwerke“ zusammen mit der zweiten BEAUTIFUL SOUTH Sängerin Jacqui Abbott in der Kölner Live Music Hall.
Tickets gibt es hier.
Foto: MCT Agentur