Nach dem Redaktionsliebling und Szenehit SCHMALTZ aus dem Jahr 2018, sind die Spanish Love Songs zurück mit BRAVE FACES, EVERYONE und begeistern uns erneut. Die grandiosen Emopunkhymnen, die markante und brüchige Stimme von Frontmann Dylon Slocum und die traurig, schönen Texte, schließen nahtlos an den Vorgänger an und trotzdem: BRAVE FACES, EVERYONE klingt musikalisch noch einmal ausgereifter und ist vor allem textlich interessant.
Das Album ist musikalisch grundsätzlich getragen durch den mittlerweile bekannten und so geliebten Sound der Spanish Love Songs und dennoch: Etwas scheint anders als noch auf SCHMALTZ. Bereits zu Beginn arbeitet sich Frontmann Dylon Slocum überraschend trotzig mit „Routine Pain“, „Self-Destruction“ und „Generation Loss“ an einer Zustandsbeschreibung der ganzen nervigen Alltagsprobleme ab: keine Kohle, an den eigenen Vorsätzen scheitern, Teenage Angst und Selbstzweifel. Alles getragen von treibenden Gitarren und marschierendem Schlagzeug.
Musikalisch ist BRAVE FACES, EVERYONE randvoll mit tollen Melodien und kleinen Emopunk-Hymnen. Keine Frage – die Band hat ihren Sound gefunden und bestätigt die Qualität ihres Vorgängeralbums erneut.
SCHMALTZ war kein Zufall, Spanish Love Songs sind tatsächlich so gut. Textlich ist BRAVE FACES, EVERYONE jedoch auch sehr interessant. Richtete sich auf SCMALTZ der Blick in den Texten eher thematisch auf das Innenleben des Frontmanns und Gitarristen Scolum, wagt dieser auf dem neuen Album einen kritischen und kampfeslustigen Blick auf das, was um ihn und uns herum passiert. Das nimmt der Platte ein Stück der Intimität des Vorgängers, sorgt aber für tolle melacholisch-optimistische Momente des Aufbegehrens.
In der ersten Singleauskopplung „Kick“, ist es dann direkt soweit. Man verlässt seine Komfortzonen, sein Zimmer, seine Coach und stellt sich den Anforderungen der Umwelt und scheitert grandios. Na und? Die Erkenntnis des Liedes tröstet: „The world´s gonna kick you either way“. Die Spanish Love Songs entlassen uns hier erstmals aus dem Hamsterrad – und es fühlt sich gut an! Das Prinzip Hoffnung ist es schließlich, das uns funktionieren und vieles ertragen lässt.
Auch in dem tollen „Beachfront Property“ treffen die Spanish Love Songs durchaus den Nerv des Publikums. Wer hat sich nicht schon mal gefragt, ob er an einem anderen Ort nicht eventuell glücklicher ist? Die Band kommt zu einer sehr praktischen Lösung: „If every city ist he same, maybe we should find our home in one.“ So einfach, so schwer.
„Losers“ wurde bereits vorher schon auf einer EP veröffentlicht. Der Song trifft den Kern dessen was die Spanish Love Songs ausmacht: Die Hymne auf alle „Loser“ ist tanzbar, moshpitfähig und erzeugt Gänsehaut, wenn der Song sich ungefähr nach der Hälfte für das große Finale langsam aufbaut. Man möchte „We are Losers forever“ mitsingen, mitbrüllen, ja warum eigentlich nicht gleich tätowieren?
Nicht aus Zufall trägt das Album den Namen des letzten Liedes der Platte. „Brave faces, everyone“ ist pure Katharsis. Alles Vorherige scheint auf dieses Stück hinauszulaufen. Der Song tröstet und versöhnt. Wir müssen nicht alles auf einmal reparieren, wir waren nie kaputt, Leben ist einfach nur sehr lang. Kopf hoch! Brave faces, everyone!
VÖ: 07.02.2020, Uncle M, http://www.spanishlovesongs.com/
Ohr d’Oeuvre: Beachfront Property/ Losers/ Brave Faces, Everyone
Gesamteindruck: 9,5/10
Tracklist: Routine Pain/ Self-Destruction (as a sensible career choice)/ Generation Loss/ Kick/ Beachfront Property/ Losers/ Optimism (as a radical life choice)/ Losers 2/ Dolores/ Brave Faces, Everyone